Boersen-Zeitung: SAP patzt, Kommentar von Bernd Freytag zum Quartalsergebnis von SAP
Frankfurt (ots)
Der Start in die Quartalssaison ist mächtig in die Hose gegangen. Ausgerechnet der Vorzeigekonzern SAP strauchelt, ausgerechnet beim Lizenzwachstum, der wichtigsten Maßgröße im Softwaregeschäft, bleiben die Walldorfer weit hinter den Analystenerwartungen zurück. In einem verunsicherten Markt, von der Angst gezeichnet, einem Markt, in dem jede kleine Zielverfehlung als Indiz für eine weitere Korrektur begriffen wird, in diesem Umfeld ist der Patzer eines Weltmarktführers schlichtes Gift. Die ohnehin sehr hoch gewettete Aktie von SAP sackte zwischenzeitlich fast 10% ab und zog den Dax ins Minus. Nur Schering notierten leicht im Plus. Schlimmer hätte es kaum kommen können.
Gestrauchelt ist SAP vor allem an den hochgeschossenen Erwartungen. Wer angesichts der Umbrüche in der Softwarearchitektur und des laufenden Konzentrationsprozesses in der Branche von "außergewöhnlichen Wachstumsperspektiven" spricht, wie Aufsichtsratschef und Mitbegründer Hasso Plattner, wer die von Hauptwettbewerber Oracle aggressiv zusammengekaufte Softwaregruppe nur als Pool unzufriedener Kunden darstellt, aus dem man sich quasi ganz nach Laune bedienen kann, und wer mit Verweis auf diese Chancen dem Management ein 100-Mill.-Euro-Sonderbonus-Programm auflegt, darf sich nicht wundern, wenn die Anleger sehr viel erwarten.
Tatsächlich hat der Vorstand keine schlechten Zahlen vorgelegt. Das seit dem Auftaktquartal von plus 25% auf "nur noch" plus 16% gefallene Wachstum auf dem Wachstumsmarkt USA - der augenfälligste Rückgang - ist vor allem dem schwachen Dollar geschuldet. Währungsbereinigt hätten die Walldorfer die Erlöse sogar um 5 Punkte auf 20% hochgefahren. Bei der Entwicklung der Rentabilität hat das Management die Prognosen sogar übertroffen.
SAP konnte die Anleger dennoch nicht überzeugen. Mehr noch: Obwohl Konzernchef Henning Kagermann sämtliche Jahresprognosen bestätigte - angefangen vom Wachstum des Lizenzumsatzes bis hin zum detaillierten Ergebnis je Aktie -, nahmen die Investoren reißaus. Die Auftragsbücher seien gut gefüllt, und dass sich Aufträge von einem ins andere Quartal verschieben, das passiert schon mal, sagte Kagermann. "Quartalssaisonalität, nichts Fundamentales." Die Börsenreaktion spricht nicht dafür, dass die Investoren diese Lesart teilen.
(Börsen-Zeitung, 14.7.2006)
Rückfragen bitte an:
Börsen-Zeitung
Redaktion
Telefon: 069--2732-0
Original-Content von: Börsen-Zeitung, übermittelt durch news aktuell