Börsen-Zeitung: Probefahrt mit Conti, Kommentar zum gescheiterten Übernahmeversuch bei Continental von Walther Becker
Frankfurt (ots)
Bei der gut 13 Mrd. Euro schweren Continental haben sich Finanzinvestoren einen Korb geholt. Der Vorstand machte den vergeblichen Übernahmeversuch publik, um Gerüchten am Kapitalmarkt entgegenzuwirken. So wird in Hannover der für deutsche Verhältnisse ungewöhnliche Schritt begründet.
Bislang haben Finanzadressen bei Konzernabspaltungen ausreichend Futter gefunden - bei Eon, die für über 10 Mrd. Euro Assets an Private Equity veräußerte, bei Siemens, DaimlerChrysler, VW oder BASF. Nun ist Continental das erste Dax-Mitglied, bei dem das Interesse von Private Equity am ganzen Konzern ruchbar wird. Es war ohnehin nur eine Frage der Zeit, dass ein solcher Fall auftaucht. Knapp zwei Handvoll Buy-out-Fonds haben die Größe, um sich im Rahmen eines "Club-Deals" an den Dax heranmachen zu können. Sie stehen unter gewaltigem Anlagedruck angesichts bis zu 16 Mrd. Dollar umfassender Fonds und eines noch immer günstig mit Schulden zu hebelnden Akquisitionsvolumens. Dabei nutzen sie die ganze Bandbreite von Minderheitsbeteiligungen (Beispiel Telekom) bis zu feindlichen Übernahmen.
Bisher gab es hierzulande die Auseinandersetzungen mit Hedgefonds bei der Deutschen Börse und bei Tui. Altana findet im Rahmen der Selbstauflösung Interesse. Linde hat sich, um die Eigenständigkeit zu wahren, in die 12 Mrd. Euro schwere BOC-Übernahme gestürzt. MAN könnte, so der Scania-Erwerb scheitert, selbst zum Ziel werden.
In Deutschland galten bisher die rechtlichen Unsicherheiten, vor allem beim Delisting, als Hindernis. Doch bringen neue Rechnungslegungsvorschriften tendenziell niedrigere Bewertungen. Die Risiken eines Public-to-Private ließen deutsche Manager vor einer feindlichen Attacke relativ sicher sein. Ist das ein Nachteil des Standorts, wie es Fondsmanager glauben machen wollen, oder nicht vielmehr gerade dessen Vorteil? Die Erfahrung der jüngeren Vergangenheit zeigt, dass die mit gewaltigen Schulden finanzierten Transaktionen meist mit Zerlegen und schnellem Weiterverkauf enden. Den Gewinn streichen amerikanische und britische Investoren ein. Die Aktionäre, die ihre Anteile billig abgeben, und die übrigen Stakeholder schauen in die Röhre. Es verwundert nicht, dass Beteiligungsmanager die Bundesrepublik als "Traumland" bezeichnen. Mal sehen, wo der Traum als Nächstes in Erfüllung gehen soll.
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