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Börsen-Zeitung: Zur Innovation gezwungen, Kommentar von Ulli Gericke zur Einigung über das umstrittene Telekommunikationsgesetz

Frankfurt (ots)

Eine Einigung über das umstrittene
Telekommunikationsgesetz ist erreicht - aber der Streit wird 
weitergehen, wahrscheinlich sogar heftiger als bisher. Während sich 
die Koalition überzeugt zeigt, mit der vereinbarten Modifizierung des
Paragraphen 9a Anreize für milliardenschwere Investitionen in neue 
VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetze gesetzt zu haben, spricht die 
Brüsseler Kommission vom "Bruch des EU-Rechts". Und die Wettbewerber 
der Deutschen Telekom sehen in dem Kompromiss zwar einen 
"Stabilisierungsversuch für den schlingernden Tanker Telekom", 
fürchten zugleich jedoch eine "herbe Niederlage für den 
DSL-Wettbewerb".
Hintergrund des heftigen Schlagabtauschs ist die Absicht der 
Telekom, für weitere 2,5 Mrd. Euro 40 zusätzliche Städte an das 
Glasfaserhochgeschwindigkeitsnetz anzubinden, das bislang nicht 
gekannte Übertragungsgeschwindigkeiten von 50 Megabit pro Sekunde 
ermöglicht. Für diese immense Investition verlangen die Bonner 
allerdings eine zumindest zeitweise Freistellung von der Regulierung,
um alleine die erhofften hohen Anfangsgewinne einfahren zu können. 
Dieses Ansinnen muss Widerstand provozieren, angefangen von 
Konkurrenten bis zur EU-Kommission. Aufgabe der Politik war es, keine
"Lex Telekom" zu zimmern, die sowieso keine Chance hätte, von Brüssel
akzeptiert zu werden. Ziel war vielmehr, die erhofften Investitionen 
zu retten, ohne den Wettbewerb ungebührlich einzuschränken. Befreit 
von der Regulierung werden nach Gesetzestext nur Produkte und 
Dienste, die es bislang noch nicht gab - womit weit mehr gefordert 
wird als reine Infrastruktur, und sei es auch ein noch so 
superschnelles VDSL-Netz.
Zudem dürfen keine langfristigen Wettbewerbsbehinderungen 
entstehen, schreibt der Gesetzgeber weiter. Die Telekom hatte 
ursprünglich eine fünfjährige Regulierungspause gefordert.Jetzt 
bemisst die Bundesnetzagentur, ob und wann in den Markt eingegriffen 
wird. Die Telekom muss nun entscheiden, ob sie genügend Dienste und 
Produkte hat, also Ideen, um als First Mover zumindest temporär 
regulierungsfrei gestellt zu werden. Den Kunden kann es nur recht 
sein, wenn sich der träge Riese gezwungen sieht, mit Innovationen zu 
punkten und nicht nur dank schierer Größe und Finanzkraft. Die 
kleinen Konkurrenten sind ohnehin flexibel genug, um das VDSL-Netz 
künftig mit Leben zu füllen.
(Börsen-Zeitung, 22.11.2006)

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