Börsen-Zeitung: Kleinfeld setzt sich durch, Kommentar von Michael Flämig zur Siemens-Hauptversammlung
Frankfurt (ots)
Ach, was war vor dieser Siemens-Hauptversammlung alles spekuliert worden. Mancher mag auf Rücktritte von Aufsichtratsvorsitzenden Heinrich v. Pierer oder sogar Vorstandschef Klaus Kleinfeld gesetzt haben, andere erwarteten ein Fegerfeuer auf Erden für das Management. Am Ende des Tages blieb beides aus. Die Kritik hielt sich Grenzen, und die Anleger jagten die Bewertung um 5 Mrd. Euro in die Höhe. Was war geschehen?
Die Aufregung vor Hauptversammlungen mit spektakulären Themen kontrastiert meist mit dem nüchternen Ablauf derartiger Debatten. Die ritualisierte Form lässt selten Emotionen hochkommen. Außerdem sind häufig nur die Vertreter der institutionellen Anleger und der Aktionärsschutzvereinigungen auf der Höhe des Themas.
Die Musik spielte am Donnerstag sowieso nicht in der Olympiahalle. Die Quartalszahlen setzten den Ton bei den Aktionären, und auch der letzte potenzielle Anteilseigner wurde durch den Paukenschlag des Börsengangs der Automobilsparte VDO auf den Wert aufmerksam.
Die Zahlen sind tatsächlich beeindruckend. In jenen Monaten, die durch die Schlagzeilen geprägt waren, steigerte Siemens das operative Ergebnis um die Hälfte. Zwar darf dies nicht überbewertet werden, weil Restrukturierungen ausblieben und Störgeräusche durch die Korruptionsaffäre frühestens in einigen Quartalen die Zahlen beeinflussen. Trotzdem ist klar: die Aufräumarbeiten zahlen sich aus.
Wichtiger ist aber die Ankündigung des Börsengangs. Mit diesem Schritt demonstriert Kleinfeld seinen Willen und seine Fähigkeit, die Margen mittelfristig weiter zu steigern. So solide das Geschäft der Automobilzulieferer auch sein mag, es hat zwei gravierende Nachteile: Erstens sind die Fabriken äußerst kapitalintensiv. Zweitens lässt die ständige Preisdrückerei der Autokonzerne keine großen Sprünge bei der Marge zu. Damit sind kaum mehr als 7% zu erreichen, während beispielsweise die Medizintechnik locker das Doppelte einstreicht. Künftig kann der Konzern das gebundene VDO-Geld ertragbringender einsetzen. Die Eigenkapitalrendite steigt quasi automatisch.
Die VDO-Entscheidung, die dem Ex-Vorstandschef Pierer schwer gefallen sein dürfte, zeigt auch: Siemens hat sich endgültig dem Kurs von Kleinfeld verschrieben. Sein neuer Vertrag ab Oktober kann, ungeachtet einer vielleicht kürzeren Laufzeit, nur noch eine Formsache sein.
(Börsen-Zeitung, 26.1.2007)
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