Börsen-Zeitung: Patrioten lassen Eon stolpern, Kommentar zum Enel-Einstieg bei Endesa von Christoph Ruhkamp
Frankfurt (ots)
Es hat den Anschein, als könnte beim Übernahmekampf um die spanische Endesa tatsächlich im letzten Moment von einer unheiligen Allianz der Wirtschaftspatrioten ausgebootet werden. Auf der schönen Insel Ibiza sollen die Ministerpräsidenten aus Italien und Spanien, Prodi und Zapatero, einen Kuhhandel geschlossen haben. Das Hauptziel: den ungeliebten deutschen Stromriesen aus Spanien fernzuhalten. Italiens Stromkonzern Enel, zu 31% in Staatshand, ist zu diesem Zweck mit 10% bei Endesa eingestiegen. Im Gegenzug - so wird kolportiert - darf sich die spanische Telefónica bei Telecom Italia beteiligen, und Rom erlaubt eine Fusion der Autobahnbetreiber Abertis und Autostrade. So bekäme oder behielte jeder seinen "nationalen Champion".
Noch aber ist Eons Expansion in Spanien nur stark gefährdet und nicht endgültig gescheitert. Denn es fällt schwer zu glauben, dass Endesas Hauptaktionär - der spanische Mischkonzern Acciona - tatsächlich ein Interesse am vollständigen Rückzug von Eon haben könnte und dazu in der Hauptversammlung gemeinsame Sache mit Enel macht. Schließlich würde Endesas Kurs im Falle der Kapitulation Eons kräftig einbrechen, und Acciona stünde dann voraussichtlich mit einem Abschreibungsverlust da - statt beim Verkauf des 21%-Pakets an Eon einen kräftigen Buchgewinn von geschätzten 1 Mrd. Euro zu erzielen.
Käme es überraschenderweise dennoch zu einer politisch motivierten Allianz Acciona/Enel gegen Eon, dann sollte der deutsche Konzern der Übernahmeschlacht ein Ende mit Schrecken bereiten. Eine Hängepartie, bei der Eon sich zunächst mit einem Minderheitsanteil an Endesa begnügen würde, wäre aus Sicht des Kapitalmarkts eine Niederlage, die den Kurs drücken würde. Besser wäre es dann, einen klaren Schnitt zu machen und vielleicht einen Teil der Kriegskasse für Akquisitionen an die Eon-Aktionäre auszuschütten.
Für die Kapitalmärkte in Italien und Spanien ist der Polit-Deal - wenn er denn wirklich stattfand - kein Ruhmesblatt. Denn Endesas Minderheitsaktionäre dürften kaum einen Interessenten finden, der mehr bietet als Eon. Außerdem betrachten internationale Großinvestoren protektionistische Tendenzen grundsätzlich mit Argwohn und werden langfristig nationale Märkte meiden, in denen sie mit staatlichen Eingriffen rechnen müssen.
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