Börsen-Zeitung: Vorsätzlich unattraktiv, Kommentar zur am Mittwoch anstehenden Kabinettsberatung über die Unternehmensteuerreform von Angela Wefers
Frankfurt (ots)
Die Unternehmenssteuerreform nimmt mit der Kabinettsberatung am Mittwoch eine weitere, wichtige Hürde zur Gesetzesreife bis zum Sommer. Ein halbes Jahr bleibt Wirtschaft und Verwaltung, um sich auf die Regeln, die von 2008 an gelten sollen, einzustellen. Das Projekt liegt voll im Zeitplan - keine Selbstverständlichkeit bei den Unterschieden zwischen CDU/CSU und SPD auch auf diesem Feld. Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) hat allerdings mehr Probleme damit, das Reformwerk in der eigenen Partei zu vermitteln als beim Koalitionspartner.
Zu einer grundlegenden Systemumstellung, wie sie die Wissenschaft mit fundierten Modellen für eine wettbewerbsfähige, finanzierungs- und rechtsformneutrale Besteuerung angeboten hatte, kommt es nicht. Zu groß schienen Steinbrück und seinen Steuerexperten im Bundesfinanzministerium die finanziellen Unwägbarkeiten aus einem so radikalen Umbau des Systems. Was die Reform bringt, ist eine deutliche Senkung des Steuersatzes einerseits - und verbunden andererseits mit belastenden Maßnahmen der Hinzurechnung von Finanzierungsanteilen zur Besteuerungsgrundlage eine verschärfte Besteuerung der Verlagerungen von Unternehmensaktivitäten über die Grenze hinweg und eine Einschränkung bei der steuerlichen Nutzung von Verlusten mit Namen "Zinsschranke". Der harsche Widerstand aus der Wirtschaft gegen diese Maßnahmen lässt gelegentlich vergessen, dass die Reform ihre eigenen langjährigen Forderungen erfüllt: Steuersätze auf international wettbewerbsfähigem Niveau sowie die Besteuerung der Kapitalerträge mit einer Abgeltungssteuer. Auch eine Nettoentlastung für die Unternehmen ist vorgesehen.
Zinsschranke und Hinzurechnung treffen manche Branchen - wie Leasing und Factoring - empfindlich und auch junge Unternehmen, die mit Anfangsverlusten kämpfen oder noch nicht über genügend Eigenkapital verfügen. Wenn Steinbrück "Vorsatz" einräumt, dass diese Wirkungen gewollt sind, widerspricht er seinem Ziel, bessere Rahmenbedingungen für mehr Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Gelingt mit der Reform ein attraktiver Steuerstandort Deutschland, sollte es überflüssig sein, die Wirtschaft mit einem komplizierten Geflecht von Vorbeugemaßnahmen zur überziehen, damit Gewinne im Inland versteuert werden. Dazu käme es automatisch.
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