Börsen-Zeitung: Eon geht ins Risiko, Kommentar von Christoph Ruhkamp zur neuen Konzernstrategie von Eon
Frankfurt (ots)
Regelrecht euphorisch feiert der Kapitalmarkt Eons neue Konzernstrategie. Kein Wunder, soll es doch von allem mehr geben: mehr Gewinn, mehr Dividende und mehr Aktienrückkauf als erwartet - das hat den Eon-Kurs auf ein Allzeithoch getrieben. Die erhöhte Auskehrung an die Aktionäre ist auch vor dem Hintergrund der Übernahmefantasie bezüglich Eon selbst zu sehen, die sich sonst vielleicht verstärkt hätte. Allerdings wird der Konzern künftig auch deutlich mehr Schulden machen, um damit Investitionen in überwiegend organisches Wachstum zu finanzieren. Mit stärkerem Fremdkapitaleinsatz sinken einerseits die Kapitalkosten. Durch die gigantischen Investitionen von 60 Mrd. Euro steigt aber andererseits das Risiko, Projekte in den Sand zu setzen.
Das gilt besonders für die weiter von Westeuropa entfernten Wachstumsmärkte, die Eon sich erschließen will. Beispiel Russland: Hier werden rund 20 Teilfirmen des staatlichen Strommonopolisten RAO UES in den kommenden Monaten durch Auktionen privatisiert. Es geht um ein Volumen von 20 Mrd. Euro - und Eon will sich in einem ersten Schritt mit etwa 2 Mrd. Euro engagieren. Versteigert werden überwiegend Minderheitsbeteiligungen - und mit denen haben westliche Konzerne schon öfter schmerzliche Erfahrungen gemacht, auch wenn es nicht immer gleich um Enteignungen geht wie beim Ölkonzern Shell. Zwar hat Eon Erfahrung im russischen Gasgeschäft. Aber die jahrelangen Verhandlungen mit Gazprom um die Beteiligung am sibirischen Gasfeld Juschno Russkoje geben einen Vorgeschmack darauf, was im noch lange Zeit staatlich dominierten Stromsektor drohen könnte.
Da jedoch in Deutschland die Chancen auf Ertragswachstum wegen kartellrechtlicher Beschränkungen und zunehmender staatlicher Regulierung immer geringer werden, bleibt Eon auch gar nichts anderes übrig, als ins Ausland auszuweichen, wenn es weiter vorwärtsgehen soll. Die gesamteuropäische Aufstellung bringt dabei zugleich den Vorteil einer Risikostreuung mit sich. Das gilt insbesondere für den Markteintritt in Frankreich und Spanien. So teuer die großen Wachstumspläne auch sein mögen - der dazu notwendige Verschuldungsaufbau fällt immer noch geringer aus, als er im Falle der geglückten Komplettübernahme von Spaniens Endesa gewesen wäre. Insofern geht Eon mit Augenmaß ins Risiko.
(Börsen-Zeitung, 1.6.2007)
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