Weser-Kurier: Kommentar zum Karlsruher Asyl-Urteil
Bremen (ots)
Das Grundgesetz spricht eigentlich eine eindeutige Sprache: "Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich", heißt es in unserer Verfassung. Und: "Niemand darf wegen seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Heimat und Herkunft benachteiligt oder bevorzugt werden". Das aber hat seit 1993 ein deutsches Gesetz mit Flüchtlingen und Asylbewerbern allzu gründlich getan - das sogenannte Asylbewerberleistungsgesetz. Und man muss sich wundern, dass es so lange gedauert hat, bis nun das Bundesverfassungsgericht entschieden hat, dass die Leistungen nach diesem Gesetz gegen das Grundrecht auf ein menschenwürdiges Existenzminimum verstoßen - also verfassungswidrig sind. Das ist ein bitteres, aber notwendiges Urteil gegen die Regierung eines demokratischen Staates, der sich gerne seiner humanitären Gesinnung rühmt und anderswo in der Welt die Einhaltung der Menschenrechte anmahnt, was ja auch etwas mit Menschenwürde zu tun hat. Nun also erhält ein in Deutschland Schutz vor Verfolgung Suchender auf Gerichtsbeschluss erst einmal 336 statt 225 Euro im Monat - bis zur Neuregelung des Asylbewerberleistungsgesetzes, das dann seinen Namen auch hoffentlich verdient. Das ist eine Annäherung an das Hartz-IV-Niveau, also das Mindeste, was einem Menschen hierzulande zusteht. Denn dass der Satz seit 1993 nicht erhöht worden ist, obwohl seitdem die Preise um etwa 30 Prozent gestiegen sind, war für die höchsten deutschen Richter nicht nachvollziehbar. In der Tat hatte auf dem Höhepunkt der Asyl-Debatte damals nicht ein menschenwürdiges Existenzminimum im Mittelpunkt der Überlegungen gestanden, sondern es überwogen die Stimmen, die für möglichst abschreckende Regelungen eintraten. Auch hier haben die Karlsruher Richter dem Gesetzgeber im Sinne des Grundgesetzes eine klare Grenzlinie aufgezeigt: "Migrationspolitische Erwägungen" dürften bei einer Neuregelung keine Rolle spielen heißt es im Urteil. Und das ist nichts anderes als ein Abschreckungsverbot.
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