Weser-Kurier: Zum Zustand der Piratenpartei schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 4. März 2013:
Bremen (ots)
Personalquerelen, Geldprobleme, Missgunst, Drohungen - die Piraten zelebrieren derzeit die Selbstdemontage. Der Höhenflug der jungen Partei ist gestoppt. Die Landtagswahlen in Niedersachsen wurden vergeigt, nach neuesten Umfragen kämen die Piraten bundesweit nur noch auf zwei Prozent. Jetzt sollen die Mitglieder entscheiden, ob auf dem Parteitag im Mai ein neuer Bundesvorstand gewählt werden soll. Das Votum wird heute bekannt gegeben. Eigentlich bleibt den Piraten gar nichts anderes übrig als ein Neustart. Der bisherige Bundesvorstand ist angesichts seiner Dauerfehden quasi handlungsunfähig. Manche Oberpiraten pflegen eben lieber das eigene Ego als das Image der Partei. Inhaltlich ist man in den vergangenen Monaten kaum vorangekommen. Jeder sagt zu allem etwas, die Truppe hat keine Köpfe für ihre Themen. Bei aller Sympathie für basisdemokratische Prozesse: Es kann doch nicht angehen, dass einer Partei, die in den Bundestag einziehen will, außer ein paar Gemeinplätzen nichts zur kriselnden EU einfällt. Auch ihre strukturellen Probleme kriegen die Piraten nicht in den Griff. Auf Teufel komm raus will man anders sein als die anderen - was ja durchaus sympathisch ist. Aber sich deshalb jeder Professionalität zu verweigern, ist naiv. So fehlt immer noch ein Parteiapparat. Spitzenpirat sein heißt heute, sich im Ehrenamt selber auszubeuten. So ist die Liste derer lang, die ausgebrannt hingeschmissen haben, unter ihnen die ehemalige Geschäftsführerin Marina Weisband oder Berlins früherer Landeschef Gerhard Anger. Und nun werden, wie im Falle des baden-württembergischen Landeschefs Lars Pallasch, auch noch die eigenen Leute weggemobbt. Nur mit fähigem Personal könnten die Piraten bis zur Bundestagswahl noch die Kurve kriegen. Parteichef Bernd Schlömer setzt auf ein Kompetenzteam. Doch Teile der Basis reagieren auf solche Pläne komplett allergisch - sie wollen vielmehr "Themen statt Köpfe". Dabei hätte eine Partei, die sich sachlich und kompetent mit den Herausforderungen des digitalen Wandels beschäftigt, nach wie vor eine Existenzberichtigung in der politischen Landschaft. Dafür gab es am Freitag in Bundestag und Bundesrat ein schönes Beispiel: Beim Gesetz zum Leistungsschutzrecht für Verlage im Internet ist - trotz monatelanger Debatte - am Ende ein ziemlicher Murks herausgekommen.
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