Weser-Kurier: Zum Umgang mit der NSA-Spähaffäre schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 6. September 2013:
Bremen (ots)
Dass die Bundesregierung bei der Aufklärung der Geheimdienst-Spähaffäre keine besonders gute Figur macht, ist nichts Neues. Dass sie aber seit Monaten systematisch die Arbeit des Bundesdatenschutzbeauftragten und seiner Länderkollegen behindert, ist ein neuer Tiefpunkt in dieser von Pleiten und Pannen geprägten Aufklärungsfarce. In Wirklichkeit, so gewinnt man den Eindruck, hat in dieser politischen Inszenierung kein einziges Kabinettsmitglied ein wirkliches Interesse daran, Licht ins Dunkel der amerikanisch-britischen Spionageaktivitäten zu bringen. Weder Kanzlerin Angela Merkel noch Geheimdienstkoordinator Roland Pofalla oder Innenminister Hans-Peter Friedrich. Schließlich ist Wahlkampf. Und wem wäre schon damit gedient, wenn herauskäme, wie viele deutsche Kommunikationsdaten wirklich von den befreundeten Partner-Geheimdiensten abgefangen wurden und werden? Da ist es aus Regierungssicht viel bequemer, den fadenscheinigen Beteuerungen von Amerikanern und Briten zu vertrauen, auf deutschem Territorium habe keine flächendeckende Überwachung stattgefunden. Aber selbst wenn man dem Glauben schenken wollte, bleiben genug weitere unbeantwortete Fragen: Was ist mit der nicht flächendeckenden Überwachung? Und was geschieht mit E-Mails und Telefonaten, die über internationale Leitungen mithilfe großer amerikanischer Telekommunikationskonzerne übermittelt werden? Sind solche Daten sicher vor dem willkürlichen Zugriff ausländischer Geheimdienste? Das vermag niemand zu sagen. Die Bürger sind daher verständlicherweise verunsichert. Aber statt gegen diese Verunsicherung vorzugehen, bestärkt das Innenministerium sie nur. Denn was sollen die Menschen davon halten, wenn den Datenschutzbeauftragten, die sich um den Schutz der Grundrechte bemühen, wichtige, für ihre Arbeit notwendige Informationen vorenthalten werden? Da drängt sich doch der Verdacht auf, dass mancher aus der Regierung auf die Grundrechte pfeift, solange nur das Ausmaß des eigenen Versagens geheim bleibt.
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