Weser-Kurier: Zum Einfluss der Politik beim ZDF schreibt der "Weser-Kurier" (Bremen) in seiner Ausgabe vom 6. November 2013:
Bremen (ots)
Die Beteiligten sind - natürlich - andere als im Jahr 1961. Doch damals wie heute geht es vor dem Bundesverfasungsgericht um ein und dieselbe Frage: Wie viel Einfluss dürfen politische Parteien auf einen öffentlich-rechtlichen Sender wie das ZDF nehmen? Vor 52 Jahren wiesen die höchsten deutschen Richter Bundeskanzler Konrad Adenauer in die Schranken: Sie stoppten den Plan des ersten bundesdeutschen Regierungschefs, zur Sicherung seiner medialen Präsenz und der seiner CDU einen Regierungssender als Konkurrenz zu den Landesanstalten der ARD aufzubauen. Der Bund, so das Urteil des Verfassungsgerichts, darf kein Staatsfernsehen betreiben - die Kulturhoheit liege schließlich bei den Ländern. Außerdem seien die Medien frei von staatlicher Einflussnahme zu halten. So war das "Adenauer-Fernsehen" abgeschaltet, bevor es auf Sendung ging. Trotzdem: Den damaligen Ministerpräsidenten schien die Idee des Kanzlers zu gut, um sie von Richtern einfach verwerfen zu lassen. So gründeten sie das "Zweite Deutsche Fernsehen" und besetzten die Aufsichtsgremien genau so, wie es Adenauer gerne getan hätte: nach politischer Verlässlichkeit. Auch wenn das Verfassungsgericht sein Urteil zur jetzigen Klage erst im kommenden Jahr fällen wird: Schon nach der gestrigen mündlichen Verhandlung deutet einiges darauf hin, dass das Bundesverfassungsgericht die Unabhängigkeit des ZDF von der Politik stärken wird. Es ist allerdings auch höchste Zeit, eine absurde Konstruktion zu beenden: Wie sollen Medien ihre gesetzlich verankerte Beobachter- und Wächterfunktion gegenüber der Politik unabhängig wahrnehmen, wenn ausgerechnet diese Politiker die Sendeanstalten überwachen? Und noch etwas scheint klar: Sollten die Richter das Aufsichtssystem des ZDF verwerfen, stehen auch die ebenfalls nach Parteien- und Gruppenproporz zusammengestellten Rundfunkräte der ARD auf der Kippe. Denn solange Rundfunk- und Fernsehjournalisten fürchten müssen, für ihre Politikern unbequeme Arbeit gemaßregelt zu werden, verstoßen öffentlich-rechtliche Sendeanstalten gegen das Grundgesetz. Dort heißt es klipp und klar: "Eine Zensur findet nicht statt."
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