Weser-Kurier: Kommentar von Silke Hellwig zur Verankerung der Schuldenbremse in der Bremer Landesverfassung
Bremen (ots)
Nun gut, es ist vollbracht: Bremens Politiker haben sich (beziehungsweise ihre Nachfolger) dazu verpflichtet, dass sich ab 2020 Haben und Soll die Waage halten; ohne dass das Haben - wie momentan - durch Schulden erheblich angedickt wird. Obgleich eine Landesverfassung nur selten und aus triftigem Grund geändert wird: Ein Husarenstreich ist der Schritt nicht, den Parlamentariern blieb schlicht nichts anderes übrig. Denn in rund 15 Wochen wird gewählt, und es gibt kein anderes Thema, das so gut wie jeden Bremer so konkret betrifft wie die Folgen des chronischen Geldmangels. Zudem haushaltet Bremen auf großer Bühne: Der Stabilitätsrat, die anderen Länder und der Bund haben wegen der anstehenden Föderalismus-Reform und der Zukunft des Soli ein scharfes Auge auf Bremen. Bayern und Hessen schauen besonders kritisch, da sie erneut gegen den Länderfinanzausgleich klagen. Obendrein haben schon andere Länder die Schuldenbremse in ihrer Verfassung verankert - Bayern und Hessen beispielsweise - wie also könnte sich Bremen, das auf Hilfe hofft, davor drücken? Und doch ist die Verfassungsänderung nur eine große Geste mit kleiner Wirkung, eher ein Pfeifen im Wald als ein Zeichen von Tatendrang. Die Selbstverpflichtung kann ohne fremde Hilfe niemals erfüllt werden, und niemand weiß, ob, wann und wie Hilfe kommt. Und wenn nicht? Verfassungswidrige Haushalte sind keine Seltenheit, und in Bremen beißt sich die Katze in den Schwanz - wie 2011. CDU und FDP hatten vor dem Staatsgerichtshof geklagt, dass der Etat nicht verfassungskonform sei. Grund: zu viele neue Schulden im Verhältnis zu den Investitionen. Die Richter urteilten, dass die desaströse Finanzlage Bremens eine ungeschriebene Ausnahme rechtfertige: die der extremen Haushaltsnotlage. Eine extreme Notlage kann also die Missachtung eines Verfassungsgebots rechtfertigen, das eine extreme Notlage verhindern soll. Armes Bremen - mit und ohne Bremse.
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