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Rheinische Post: Die Un-Ordnung der Wirtschaft Kommentar Von Martin Kessler

Düsseldorf (ots)

Die Deutschen verdanken ihren fabelhaften
Aufstieg nach dem Zweiten Weltkrieg der mutigen Grundentscheidung für
die Marktwirtschaft. Sie war eine der wenigen Beispiele in der 
Weltgeschichte, dass ein Land sich eine Wirtschaftsordnung in einem 
politischen Willensakt gab. Durch alle Krisen und 
Jahrhundertereignisse hindurch  Zusammenbruch des Währungssystems von
Bretton Woods, Ölpreisschock, Fall der Mauer  hielt die 
Bundesrepublik trotz vieler Sündenfälle an diesem System eisern fest.
Auch SPD und Grüne machten ihren Frieden mit der freiheitlichen 
Ordnung der Wirtschaft. In der jetzigen Finanz- und Konjunkturkrise 
scheint der Bundesregierung dieser Kompass abhanden zu kommen. Das 
ist kein willkürlicher Akt, keine Entscheidung für eine andere 
Wirtschaftsordnung. Die Verantwortlichen in Berlin schlittern 
gleichsam in die Orientierungslosigkeit und reagieren nur noch auf 
ständig neue Horrormeldungen aus der Wirtschaft. Der mutigen und 
beherzten Art, eine Garantie für Spar-, Termin- und Giroeinlagen 
auszusprechen, folgte der notwendige Rettungsschirm für die Banken. 
Dann brach die Phase ab, in der die Wirtschaftspolitik ihre 
Entscheidungen im marktwirtschaftlichen Kontext fällte. Es ging nur 
noch darum, Katastrophen zu vermeiden, Löcher zu stopfen und 
untergehende Firmen zu retten. Die Regierung erwies sich dabei mehr 
als Erfüllungsgehilfe von Unternehmensforderungen denn als Hüter 
marktwirtschaftlicher Regeln. Und sie musste  nach dem klassischen 
Muster jeder Intervention  dem ersten falschen Schritt weitere 
falsche folgen lassen. Weil der  im Grundsatz richtige  
Rettungsschirm nicht funktioniert. beteiligt sich der Bund an 
Deutschlands zweitgrößtem Kreditinstitut, der Commerzbank, und 
finanziert deren Fusion mit der angeschlagenen Dresdner Bank. Der 
Staat als besserer Banker? Die CDU als Erfinderin der sozialen 
Marktwirtschaft nimmt einen Deutschlandfonds in ihr Programm auf, der
auch staatliche Beteiligung an Industrieunternehmen nicht 
ausschließt. Das ist der dritte Schritt. Der vierte folgt, wenn der 
Bund die Trennung von Opel vom US-Mutterkonzern General Motors 
finanziert. Die Berliner Fachministerien für Finanzen, Wirtschaft und
Arbeit sind längst zu heimlichen Steuerzentralen der Ökonomie 
geworden. Dort verhandeln die Finanz- und Personalchefs der großen 
Konzerne mit den Fachleuten der Ressorts. Wenn es hakt, rufen die 
Konzernlenker im Kanzleramt an. Aber es wäre falsch, daraus eine 
Staatswirtschaft zu konstruieren. Es ist noch fataler: Die 
Arbeitsteilung ist nicht mehr klar. Es ist ein Kuddelmuddel. Die 
Krise ist nicht von der Regierung verursacht. Wenn die aber nicht zum
marktwirtschaftlichen Kurs zurückfindet, wird die Krise sie 
fortreißen.

Pressekontakt:

Rheinische Post
Redaktion

Telefon: (0211) 505-2303

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