Rheinische Post: Dreister Karadzic
Düsseldorf (ots)
Für die Familien der Opfer war es der blanke Hohn: Radovan Karadzic mimte vor dem Kriegsverbrechertribunal die verfolgte Unschuld, definierte die Täter der schlimmsten Gräuel zu Opfern um. Seine dreiste Umkehr der Schuld entspricht jenem Ungeist, der in der Bosnischen Serbenrepublik und im serbischen Mutterland noch weit verbreitet ist. Dort bleibt Karadzic für viele ein Held. Karadzic hat wie sein einstiger Mentor Slobodan Milosevic bisher alles daran gesetzt, das Verfahren in Den Haag zu verschleppen und für nationalistische Propaganda zu nutzen. Milosevic starb in der Haft. Das darf nicht noch einmal passieren. Denn der Karadzic-Prozess dürfte die letzte Chance sein, Gerechtigkeit für die Angehörigen der Kriegsopfer in Bosnien-Herzegowina herzustellen. Das andere bei seiner Gründung deklarierte Ziel hat das Tribunal jedoch bereits verfehlt: Die Richter sollten zur Versöhnung auf dem Balkan beitragen. Doch eine Mehrheit der Kosovo-Albaner, Kroaten und bosnischen Muslime hält die Serben weiter für Feinde. Die Wunden des Bosnien-Krieges sind noch lange nicht verheilt. Jetzt geht es darum, dass die Glaubwürdigkeit der internationalen Gerichtsbarkeit ihm nicht zum Oper fällt.
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