Rheinische Post: Westerwelle ist nicht Honecker Kommentar Von Sven Gösmann
Düsseldorf (ots)
Liberal zu sein bedeutet nicht, doof zu sein, betont FDP-Chef Guido Westerwelle gern. Sein schleswig-holsteinischer Parteifeind Wolfgang Kubicki bemüht sich gerade, diese Behauptung zu widerlegen. Nachdem die FDP ein Jahr voller Pannen, Pleiten, Peinlichkeiten hinter sich hat, erinnert Kubicki der Zustand der Liberalen an "die Spätphase der DDR". Das ist knackig formuliert. Wahr ist es nicht. Natürlich hat die FDP ihre im Rausch des Erfolgs bei der Bundestagswahl 2009 formulierten Ziele nicht erreicht. Vor allem beim Thema Steuersenkungen blieb vieles (übrigens nicht alles) auf der Strecke. Der Berliner Cocktailempfangs-Witz dazu geht in Anspielung auf das Wahlergebnis und aktuelle Umfragen so: "14,6 Prozent brutto, 4 Prozent netto." Die aktuelle Affäre um den US-Maulwurf in der Parteizentrale demonstriert zudem die Verunsicherung der Parteispitze. Die Liberalen stecken in einer tiefen Krise, keine Frage. Aber sie sind solche Situationen gewohnt. Einen Zerfall der Partei gibt es nicht. Westerwelle ist kein liberaler Honecker, der in den Sonnenuntergang reitet. Es war schließlich eben dieser Westerwelle, der die FDP beinahe im Alleingang zurück in fast alle Landtage und in die Regierungsverantwortung im Bund wahlkämpfte. Westerwelle polarisiert. Er war und ist aber gleichzeitig der einzige Liberale, der auch FDP-ferne Milieus zu erreichen versteht. Aufgrund dieser überragenden Bedeutung für seine Partei ist es auch Westerwelle, der mit politischen und persönlichen Fehlern die FDP-Krise maßgeblich mit verursacht hat. Deshalb kann aber vor allen anderen auch nur Westerwelle die Krise lösen. Der FDP-Chef, hört man, will im Amt bleiben. Das gilt aber nicht zwingend für die Aufgabe des Außenministers. Müsste Angela Merkel 2011 ihren CDU-Finanzminister Schäuble krankheitsbedingt gegen Innenminister de Maizière auswechseln, stünde Westerwelle das Innenministerium offen. Er wäre wieder Innenpolitiker, das ist seine eindeutig stärkste Rolle.
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