Rheinische Post: Ein Phänomen von zwölf Prozent
Düsseldorf (ots)
Ein Kommentar von Gregor Mayntz:
Mit den Piraten lässt sich scharf streiten: Warum soll ein zufälliger "Schwarm" (vielleicht weniger Informierter) grundsätzlich schlauer sein als eine ausgewählte Ansammlung (vielleicht durch und durch Erfahrener)? Wollen sie einen Industriestaat handlungsfähig halten, wenn sie für nichts einstehen, so lange der "Schwarm" noch diskutiert? Und soll der Maßstab für eine bessere Politik tatsächlich aus einem Umfeld kommen, in dem Heckenschützen längst jeden Anstand in der Anonymität des Netzes abgeworfen haben? Diesen Fragen müssen sich die Piraten stellen. Aber die anderen Parteien dürfen das Zwölf-Prozent-Phänomen nicht für eine virtuelle Blase halten, die im Zusammenstoß mit der Realität schon selbst zerplatzen werde. Denn das Internet gibt jedem die Möglichkeit, zu jeder Zeit und an jedem Ort dabei sein zu können. Damit wachsen auch die Ansprüche des Einzelnen, beteiligt zu werden. Deshalb sind die Menschen der Internetrevolution fasziniert von den Piraten. Sie stochern in der Grauzone zwischen den Gefahren direkter, leicht manipulierbarer direkter Demokratie und den Grenzen einer schwer durchschaubaren repräsentativen Demokratie. Die Piraten sind mehr als Projektionsfläche für Protest. Sie weisen auf neue große Herausforderungen, auf die die letzten Antworten noch ausstehen.
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