Rheinische Post: Kommentar
Keine Angst
vor digitaler Fahndung = von Thomas Reisener
Düsseldorf (ots)
Die Entwicklung steht noch am Anfang, aber der Trend ist deutlich. Polizei und Justiz in NRW setzen bei der Bekämpfung von Straftaten zunehmend auf digitale Techniken. Erste Experimente unternahm die schwarz-gelbe Landesregierung schon beim "predictive policing": Auf der Basis von Daten aus der Vergangenheit prognostiziert die NRW-Polizei inzwischen Raubzüge von Einbrechern. Die automatisierte Erfassung und Auswertung von Kennzeichen zur Unterstützung von polizeilichen Fahndungen ist angekündigt, nun soll "Kollege Computer" beim Aufspüren von Kinderpornografie im Internet helfen.
Die Gefahr, dass staatliche Technik irrtümlich auch Unschuldige überwacht, wächst mit der automatisierten Auswertung digitaler Daten. Schon deshalb, weil damit wesentlich mehr Personen beobachtet werden können als mit Fernglas und Kopfhörer. Aber im ewigen Zielkonflikt Datenschutz contra Strafverfolgung darf der Datenschutz keine absolute Priorität haben.
Angesichts der dramatisch wachsenden Menge von im Internet gehandelten Kinderpornos, Waffen und Drogen ist offensichtlich, dass Fahnder und Staatsanwälte mehr Spielräume brauchen. Die Verfolgung von Hassmail-Autoren scheitert regelmäßig an der ausgesetzten Vorratsdatenspeicherung. Im Darknet, dem Hotspot der Internet-Kriminellen, dürfen Fahnder sich nicht in Kinderporno-Tauschbörsen einschleichen. Und die Weitergabe sichergestellter Porno-Sammlungen an Auswertungsmaschinen ist rechtlich so umständlich, dass sie bislang kaum angewendet wird.
Die Digitalisierung hat neue Verbrechen geboren und alten Verbrechen neue Dimensionen ermöglicht. Polizei und Justiz müssen die Chancen der Digitalisierung genauso intensiv nutzen wie die Verbrecher. Sonst steht sich der Rechtsstaat selbst im Weg.
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