Kommentar
Hinsehen und handeln = Von Horst Thoren
Düsseldorf (ots)
Das Versagen hat System. Allzu zu oft werden Verdachtsmomente übersehen, Hinweise nicht ernst genommen, wird es Tätern zu leicht gemacht, ihren Trieben zu folgen. Bei den Missbrauchsfällen in Lügde war das so, beim tötenden Krankenpfleger Nils H. ebenfalls. Wenn sich jetzt bestätigt, dass die unter Mordverdacht stehende Kita-Erzieherin aus dem Kreis Viersen bereits vorher in anderen Einrichtungen auffällig geworden war, stellt sich auch hier die Frage nach Aufsicht und Verantwortung.
Wie kann es möglich sein, dass eine als "ungeeignet" eingestufte Erzieherin immer wieder in andere Kindertagesstätten weitergereicht wurde? Es drängt sich der Verdacht auf, dass in Mangelberufen bei der Einstellung nicht ganz so genau hingeschaut wird. Es scheint nicht unwahrscheinlich, dass Arbeitgeber einfach nur Ärger aus dem Weg gehen wollten und deshalb trotz bekannten Fehlverhaltens der Mitarbeiterin Behörden nicht eingeschaltet und wohl auch Zeugnisse geschönt haben.
Der Tod des dreijährigen Kindes ist eine Mahnung an die Verantwortlichen vor Ort und die Politik im Land. Im konkreten Fall geht es um die Aufklärung aller Umstände, um Verantwortlichkeit und Schuld. Neben der Aufarbeitung durch Polizei und Justiz steht aber auch die grundsätzliche Frage im Raum, wie der sensible Bereich der Kindesbetreuung besser durch staatliche Stellen begleitet werden kann. Die meisten Erzieherinnen und Erzieher, die trotz hoher Belastung und geringer Bezahlung ihre Aufgabe aufopferungsvoll erfüllen, müssen Kontrolle nicht fürchten und werden für Unterstützung dankbar sein.
Wer Fälle wie in Viersen vermeiden will, muss das System ändern: nicht wegschauen, sondern hinsehen und handeln.
Pressekontakt:
Rheinische Post
Redaktion
Telefon: (0211) 505-2627
Original-Content von: Rheinische Post, übermittelt durch news aktuell