Kommentar
Bayer verfängt sich im Dickicht der US-Justiz = Von Antje Höning
Düsseldorf (ots)
Das Aufatmen im Juni war groß: Mit einem milliardenschweren Vergleich schien Bayer das Thema Glyphosat endlich hinter sich zu lassen. Anleger mussten nicht länger um ihre Depots bangen, Mitarbeiter keine Sorge mehr vor weiteren Sparprogrammen haben. Und Bayer-Chef Werner Baumann hoffte, endlich zeigen zu können, warum der Kauf von Monsanto ein genialer Schachzug war. Doch er hat die Rechnung ohne Vince Chhabria gemacht. Der kalifornische Richter stellt nun ausgerechnet den Teil des Vergleichs infrage, auf den man in Leverkusen besonders stolz war: Über künftige Glyphosat-Klagen sollten, so sah es der Vergleich vor, nicht mehr Gerichte, sondern Wissenschaftler entscheiden. Und genau das will Chhabria nicht hinnehmen. Eine böse Überraschung für Bayer.
Zu Beginn der Übernahmeschlacht 2018 hatten die Anleger Zweifel, ob Bayer den 59-Milliarden-Deal stemmen kann. Schließlich war es die teuerste Übernahme, die je ein deutscher Konzern gewagt hatte. Doch Finanzierung und Integration klappen erstaunlich gut. Verfangen hat sich Bayer im Dickicht der US-Justiz. Der Konzern ist zwar erfahren in Haftungsklagen bei Arzneien. Der Streit um den verbreiteten Unkrautvernichter hat aber eine andere Dimension. Man mag die Anwaltsindustrie der USA abstoßend finden, doch ein Weltkonzern muss damit umgehen können. Nun muss Bayer sich fragen, ob die Idee, künftige Klagen Wissenschaftlern zu überlassen, nicht doch zu blauäugig war. Und wieso der erfahrene Mediator Ken Feinberg glaubte, mit dieser Beschneidung richterlicher Autorität vor Gericht durchzukommen. Noch ist nichts endgültig entschieden, doch Bayers Glyphosat-Albtraum geht weiter. Die Sorge, dass der Monsanto-Deal den Leverkusener Konzern nicht befreit, sondern zu seinem Fluch wird, ist zurück.
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