Rheinische Post: Keine Richtlinie, wenig Kompetenz
Düsseldorf (ots)
Von Sven Gösmann
Theoretisch ist es einfach und sogar im Artikel 65 Grundgesetz festgehalten: "Der Bundeskanzler bestimmt die Richtlinien der Politik und trägt dafür die Verantwortung." Doch mit der Praxis hapert es: Angela Merkel übt die ihr zugedachte Richtlinienkompetenz nicht aus. Vielmehr lässt sie zu, dass Mitglieder ihres Kabinetts ihr auf der Nase herumtanzen wie jetzt Finanzminister Steinbrück. Der weist seine Chefin darauf hin, dass kein zusätzliches Steuergeld zum Stopfen der Finanzlöcher bei den gesetzlichen Krankenkassen zur Verfügung stehe. Kolportiert wird ein schlichtes "Nöö" des Kassenwarts zum entsprechenden Vorschlag Frau Merkels. Die Ministerpräsidenten der Union wiederum läuten eine neue Runde der Merkel-Hatz ein. NRW-Regierungschef Jürgen Rüttgers und sein baden-württembergischer Kollege Günther Oettinger beerdigten schon mal die Gesundheitsreform. "Einzelne Projekte" könne man verwirklichen, ließ Oettinger gönnerhaft verlauten. Merkel schaut tatenlos zu. Sie sei keine Basta-Kanzlerin, erläutert sie ihren defensiven Führungsstil. Das klingt sympathisch. Es lässt jedoch den Verdacht aufkommen, Merkel drohe zur Disziplinierung der Union lieber nicht mit ihrem Rücktritt, da sie fürchtet, allzu viele ihrer Parteifreunde könnten das gar nicht mehr als Drohung auffassen.
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