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Universität Mannheim

Mannheimer Forschende zur US-Wahl

Mannheimer Forschende zur US-Wahl

Fünf Mannheimer Professor*innen aus unterschiedlichen Disziplinen beziehen Stellung zum Wahlsieg Donald Trumps.

Prof. Dr. Philipp Gassert

Professur für Zeitgeschichte

Amerika rückt noch weiter nach rechts. Lüge, Rassismus und Sexismus haben gewonnen. Das müsste uns in Europa eine Lehre sein, denn nun geht der ganz normale Wahnsinn einer zweiten Amtszeit Trump wieder los. Er hat die Wahlen mit einer Deutlichkeit gewonnen, die Anhänger*innen wie Feinde überrascht. Es war nicht der erwartete „Münzwurf“, die endlose Hängepartie von 2020. Auch im Senat und im Repräsentantenhaus geht die Mehrheit an die Republikaner. Der Oberste Gerichtshof ist ohnehin schon seiner. Er wird sich mächtig und unangreifbar fühlen, die Grenzen der fast 250 Jahre alten Verfassung austesten, das Gleichwicht weiter zur Exekutive verschieben.

Harris und die Demokrat*innen haben es in einer Phase ökonomischer Umbrüche und Krisen nicht geschafft, Amerika davon zu überzeugen, dass der 47. Präsident dem Land mehr schadet als nutzt. Ob die Trump ein „goldenes Zeitalter“ für Amerika einläuten wird, steht in den Sternen, die er mit Elon Musk erobern will. Für Europa wird es eine düstere Zeit. Trump zeigt uns deutlich, was die Menschen bewegt und dass sie die Wirtschaft über kulturelle Achtsamkeit, Gewaltfreiheit und Inklusion stellen. Deutsche und die Europäer*innen haben keinen ordentlichen Plan, wie sie Sicherheit und Wohlstand in einem postamerikanischen Zeitalter gewährleisten sollen. Die Zeichen stehen auf Sturm, aber haben wir den Knall nun endlich gehört?

Prof. Dr. Eckhard Janeba

Professur für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik

Die erneute Wahl von Donald Trump wird große wirtschaftliche und sicherheitspolitische Auswirkungen auf Deutschland und die Welt haben. In seinem Wahlkampf hat er angekündigt, die Zölle auf ausländische Importe massiv anzuheben. Dies wird zum einen die Preise in den USA weiter erhöhen, wie sich am Beispiel der von Trump in seiner ersten Präsidentschaft eingeführten Zölle (2018) klar nachweisen lässt. Zum anderen wird damit die deutsche Exportwirtschaft noch mehr unter Druck gesetzt und das Wachstum Deutschlands beeinträchtigen. Es rächt sich, dass die EU und USA vor einigen Jahren kein Freihandelsabkommen (TTIP) geschlossen haben.

Die vermutlich sinkende amerikanische Unterstützung für die Ukraine wird Deutschland zudem zwingen, mehr in die eigene Verteidigungsfähigkeit zu investieren und damit die Haushaltsproblematik der kommenden Jahre verschärfen. Europa könnte zudem in den Wettkampf zwischen den USA und China um die Weltvorherrschaft hineingezogen werden. Trumps Aufkündigung des Atomabkommens mit dem Iran 2018 zeigt wie: Die USA haben de facto andere Staaten vom Handel mit dem Iran durch extraterritoriale Sanktionen ausgeschlossen. Zu befürchten ist, dass Deutschland weniger Gestaltungsmöglichkeiten bekommt, seine Beziehungen zu China selbst zu steuern.

Prof. Dr. Marc Ratkovic

Professur für Social Data Science

Amerika hat sich entschieden von liberaler Demokratie, Menschenrechten und den Grundvorstellungen von Wissenschaft und Rationalität Abstand zu nehmen. Wahrscheinlich nähert sich das Land nun außenpolitisch Putin und Orban und innenpolitisch seinen intolerantesten Gruppen an. Ungehemmte exekutive Maßnahmen werden folgen. Einwander*innen werden zusammengetrieben, in Lagern untergebracht und deportiert werden, politische Gegner*innen verfolgt, Journalist*innen angegriffen, Universitäten nicht mehr finanziert. Die Ukraine wird keine Hilfe mehr erhalten, und das Engagement der USA in der NATO wird nur noch aus Eigennutzen fortgeführt. So viel ist bekannt, denn all das hat Trump in seinem Wahlkampf versprochen.

Der radikale Charakter dieses Wandels ins unverkennbar. Amerika hat seine Identität aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg abgelegt und eine Politik, die – wenn auch unvollkommen – nach Fairness und Gleichheit strebte, gegen eine Politik eingetauscht, die sich nichts anderes als Dominanz zu eigen macht. Es ist kein Land mehr, das man bewundern, dem man folgen oder welches man überhaupt beachten sollte. Die anerkannten Maßstäbe der Politikwissenschaft zeigen eindeutig: Die Republikanische Partei muss als eine atomar bewaffnete Fidesz oder AfD betrachtet werden und nicht als die Partei von Reagan oder Bush, die man von früher kennt.

Ich als US-Amerikaner beschwöre meine Wahlheimat Deutschland: Gehen Sie bei den Menschenrechten und der Demokratie voran, folgen Sie nicht. Machen Sie sich nicht über diejenigen lustig, die unausgegorene "Ressentiments" benutzen, um die Zerstörung eines humanen, funktionierenden Systems zu rechtfertigen. Machen Sie den Einwanderern Komplimente, schätzen Sie die Deutsche Bahn, achten Sie auf Ihre Work-Life-Balance. Seien Sie aktiv, im Großen wie im Kleinen. Kämpfen Sie für den Erhalt dieses freundlichen, anständigen Landes.

Prof. Dr. Max Reinwald

Juniorprofessur für Management

Kamala Harris' Wahlniederlage wirft ein Schlaglicht auf ein bekanntes Phänomen, das in der Organisationsforschung als „gläserne Klippe“ bekannt ist. Das Konzept der gläsernen Klippe besagt, dass Frauen vor allem dann in Führungspositionen berufen werden, wenn eine Organisation in der Krise steckt. Die Konsequenz dieser schwierigeren Startbedingungen ist, dass Frauen, die auf diesem Wege in Führungspositionen kommen, auch eine höhere Wahrscheinlichkeit haben zu scheitern.

Harris wurde im Sommer zur Präsidentschaftskandidatin, als die Demokratische Partei in Umfragen klar abgeschlagen hinter Trumps Republikanern lag, und verlor nun die Präsidentschaftswahl. Anhand ihres Beispiels lässt sich nun nicht nur das Phänomen der gläsernen Klippe, sondern auch dessen Konsequenzen exemplarisch beleuchten. Ihr Fall illustriert zum einen das hohe Risiko des Scheiterns auf der gläsernen Klippe. Zudem dürfte die Fehlersuche nun auch bekannten Mustern folgen: Die Ursachen für das Scheitern dürften primär ihrer Person, also ihrem Auftreten und ihren strategischen Entscheidungen, zugeschrieben werden, während die schwierige Ausgangslage bei ihrem Antritt als Präsidentschaftskandidatin kaum mehr eine Rolle spielt. All dies wäre nur halb so tragisch, wenn es nicht weiterhin das bereits bestehende Vorurteil manifestieren würde, dass Frauen die schlechteren Führungskräfte sind – ein Vorurteil, das sich empirisch so nicht bestätigt.

Prof. Dr. Stefanie Schäfer

Professur für amerikanische Literatur- und Kultur­wissenschaft

Die US-Wahl 2024 bringt einen überraschenden und klaren Sieg Donald Trumps, der den Endpunkt eines dramatischen und spektakulären Wahlkampfs markiert. Es gab einen Kandidat*innenwechsel, ein Attentat und einen Attentatsversuch, es ging um Hunde und Katzen und zahlreiche Prominente riefen ihre Fans zum Urnengang auf.

Beide Kandidat*innen beriefen sich in ihren Kampagnen auf die kulturelle Erzählung vom exzeptionellen Amerika, das wieder großartig werden müsse (Trump) beziehungsweise nicht in eine rückständige Vergangenheit zurückfallen dürfe (Harris). Dabei ist es der demokratischen Kandidatin Kamala Harris nicht gelungen, genügend Wähler*innen von ihrem Programm zu überzeugen und die Erfolge der Biden-Regierung ins Feld zu führen, wohingegen Donald Trump sich als Retter mit wenig konkreten Vorstellungen („a concept of a plan“), aber mit massiver Unterstützung des Silicon Valley positionieren konnte. Eine friedliche Amtsübergabe („peaceful transition of power“) haben die Demokraten zugesagt. Nun wird zu sehen sein, ob es Trump gelingt, nach einem gewaltverherrlichenden und sexistischen Wahlkampf die US-amerikanischen Gesellschaft in einem versprochenen „goldenem Zeitalter“ zu versöhnen.

Kontakt: 
Yvonne Kaul
Forschungskommunikation
Universität Mannheim
E-Mail:  kaul@uni-mannheim.de 
Fabio Kratzmaier
Forschungs- und Nachhaltigkeitskommunikation 
Universität Mannheim
 E-Mail:  fabio.kratzmaier@uni-mannheim.de
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