Wissenschaftliches Institut der AOK
Umsatzzuwachs von 1,4 Milliarden Euro bei Arzneimitteln: Trend zu teuren Medikamenten treibt Ausgaben hoch
Berlin (ots)
Im Jahr 2008 wurden in der Gesetzlichen Krankenversicherung Arzneimittel mit einem Umsatz von 26,7 Milliarden EUR verordnet: Das waren 1,4 Milliarden EUR mehr als 2007 (+5,5%). Trotz sinkender Preise wurde durch den Trend zur Verordnung teurer Arzneimittel die durchschnittliche Medikamentenverordnung um 3% teurer. Gleichzeitig ist auch die Zahl der verordneten Packungen um 2,4% angestiegen. Ausschlaggebend für die Umsatzdynamik waren dabei Zuwächse in Arzneimittelgruppen mit besonders teuren Therapien wie Mittel mit Wirkung auf das Immunsystem (+339 Millionen EUR) und Fertigarzneimittel zur Therapie von Krebserkrankungen (+204 Millionen EUR).
Dies zeigen die vorläufigen Jahresergebnisse des GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO). Die Arzneimittelausgaben der Gesetzlichen Krankenversicherung steigen seit Jahren. Gebremst wurde diese Entwicklung zuletzt in den Jahren 2004 und 2006. Hauptursache hierfür waren gesetzliche Eingriffe und Kostendämpfungsmaßnahmen, die aber keine nachhaltige Wirkung entfalten konnten.
Mit einem Plus von 5,5% ist der Umsatz im Jahr 2008 nach den vorläufigen Analysen des GKV-Arzneimittelindex im Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) um 1,4 Mrd. EUR gestiegen. Umsatzanstiege um mehr als 100 Mio. EUR zeigen dabei neben Medikamenten mit Wirkung auf das Immunsystem (+19,3%) und Krebsmitteln (+15,5%), die nur einen geringen Anteil an den Verordnungen haben (jeweils 0,5%), auch Indikationsgruppen, die bei chronischen Volkskrankheiten eingesetzt werden. So haben Schmerz- und Rheumamittel um knapp 132 Mio. EUR (+6,1%) zugelegt und Mittel zur Behandlung von Diabetes um 122 Mio. EUR (+7,8%).
Insgesamt sind im deutschen Arzneimittelmarkt die Preise im Jahr 2008 erneut um 1,5% gefallen. Das weist darauf hin, dass gesetzliche Regelungen, insbesondere im patentfreien Markt, ihre Wirkung entfalten. So führen bereits seit mehreren Jahren geänderte Regelungen bei Festbeträgen zu sinkenden Preisen in diesem Marktsegment. Die AOK hat als erste Kasse bereits 2007 die neuen Möglichkeiten genutzt, mit Arzneimittelherstellern Rabattverträge abzuschließen und damit Preisnachlässe für ihre Versicherten zu erhalten. Im Jahr 2008 wurden aktuell 63 Wirkstoffe europaweit ausgeschrieben. Nach Schätzungen werden Rabattverträge für diese Wirkstoffe jährliche Einsparungen im dreistelligen Millionenbereich für die AOK erzielen können.
Trotz dieser Entwicklungen im patentfreien Markt zeigt die Analyse, dass diese Instrumente in Indikationsgruppen mit einem hohen Anteil patentgeschützter neuer Wirkstoffe kaum greifen können. Insbesondere dann, wenn es sich um innovative therapeutische Ansätze handelt. Da Hersteller die Preise von Arzneimitteln mit patentgeschützten Wirkstoffen frei festlegen können und allenfalls erst kurz vor Ablauf des Patentschutzes über Rabatte verhandeln, werden effektive Lösungen etwa durch Kosten-Nutzen-Bewertung und Höchstpreise dringend gebraucht.
Gleichzeitig muss die Transparenz im Arzneimittelmarkt verbessert werden. So wurden in der ambulanten Krebstherapie 2008 nicht nur 1,5 Mrd. EUR für Fertigarzneimittel sondern ebenfalls knapp 1,6 Mrd. EUR für Zubereitungen aus diesen Mitteln, die in der Apotheke angefertigt werden (Zytostatika-Rezepturen), umgesetzt. Die geplante 15. Novelle des Arzneimittelgesetzes soll ermöglichen, dass detaillierte Informationen zum verwendeten Arzneimittel maschinenlesbar auf das Rezept aufgebracht werden. Mit dieser Änderung wäre es möglich, bestehende Wirtschaftlichkeitsreserven zu erschließen sowie auch diesen Teilmarkt für Analysen der Versorgungsforschung zugänglich zu machen: Eine wichtige Voraussetzung für eine qualitativ hochwertige Versorgung und einen gleichzeitig wirtschaftlichen Ressourceneinsatz.
Weitere Analysen und Statistiken zur Entwicklung des Arzneimittelmarktes in Deutschland sowohl nach pharmakologischen als auch nach ökonomischen Fragestellungen bietet der Arzneiverordnungs-Report 2009, der auf den Daten des GKV-Arzneimittelindex im WIdO basiert und im Herbst 2009 erscheinen wird.
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