Beckenbauer bei Premiere zum Ticketing: "Das ist Geschäftemacherei - nicht mit uns!"
München (ots)
"Halte nicht Birne hin, wofür ich nichts kann!" / "Grundlagenvertrag ist Knebelvertrag, den man nicht unterschreibt." / "36 Teams eröffnet Manipulation die Tür!" / "Morientes würde ich nehmen"
München, 7. Mai 2003. Das erste Champions League-Halbfinalhinspiel entschied der Titelverteidiger aus Madrid mit 2:1 für sich. Für Premiere-Studiogast Franz Beckenbauer ist Real jetzt auch der Favorit im Rückspiel: "Durch das gewonnene Spiel ist Madrid jetzt natürlich im Vorteil. Zudem sind sie auswärtsstark. Dennoch wird es eine ganz heiße Kiste in Turin, weil man nicht weiß, was mit Ronaldo und Raul sein wird. Man hat gesehen, dass, als Ronaldo draußen war, der Spielfluss verloren ging. Es waren nur noch Einzelaktionen. Real hat in der zweiten Halbzeit wie eine normale Fußballmannschaft gespielt." Dennoch gehören des Kaisers Sympathien in der Champions League weiter den "Königlichen": "Meine Sympathien liegen klar bei den Madrilenen, weil mir die Art gefällt, wie sie Fußball spielen."
Im Verlauf der Premiere-Übertragung ging Beckenbauer im Gespräch mit Moderator Dieter Nickles auch auf den Streit mit der FIFA ein: "Momentan kommen Dinge auf uns zu, die uns nicht gefallen. Ich habe immer zur FIFA gesagt, dass wir Partner sind. Wir haben den Grundlagenvertrag unterschrieben, der ein Knebelvertrag ist, den man normalerweise nicht unterschreibt. Wenn man ihn aber nicht unterschreibt, hat man keine Chance, die Weltmeisterschaft auszurichten." Im weiteren Gespräch erläuterte der Bayern-Präsident den Grundlagenvertrag genauer: "Die ganze Verantwortung liegt bei der FIFA. Das einzige, was wir machen dürfen, sind die nationalen Förderer und der Verkauf der Eintrittskarten."
Zum Stichwort Ticketing äußerte Beckenbauer: "Das wird ganz spannend. Da dürfen wir nicht den Fehler machen, den die Veranstalter 1998 und 2002 mit der FIFA gemacht haben. Jetzt ist man schon wieder dabei, das gleiche Unternehmen zu beschäftigen. Das ist Geschäftemacherei. Da muss ich sagen: 'Nicht mit uns!' Es macht keinen Sinn, dass wir drei Jahre Prügel für etwas beziehen, was wir nicht verbockt haben. Auf der anderen Seite können wir als Veranstalter nicht sagen, wir haben damit nichts zu tun. Das glaubt man uns nicht. Da werden wir uns dagegen wehren. Wenn die FIFA meint, ihren eigenen Weg gehen zu müssen, dann müssen sie es selbst machen - ohne uns."
Zur diskutierten Aufstockung der WM-Teilnehmer auf 36 Teams meinte der WM-OK-Chef: "Das ist eigentlich nicht das Thema. Das können wir organisatorisch schaffen. Vielmehr ist das Thema, wie man von 36 auf 16 Mannschaften kommt. Es gibt dafür keine mathematische Lösung von 36 auf 16 Teams zu kommen. Das öffnet der Manipulation die Tür."
Die Motivation für die Diskussion um die Aufstockung weist Beckenbauer dem südamerikanischen Verband zu: "Die Südamerikaner waren in ihrer Ehre gekränkt, weil sie einen halben Platz verloren haben. Deshalb der Vorschlag. Sie waren schlau genug, den Europäern zwei zusätzliche Plätze anzubieten. Darauf sind sie eingegangen, ohne zu bedenken, dass der Spielplan ein reines Chaos wird. Es muss ein vernünftiger Spielplan vorgelegt werden, den gibt es nicht. Aber was heißt schon bei der FIFA vernünftig."
Abschließend zog der Weltmeistertrainer von 1990 ein Fazit: "Wir wollen eine aufrichtige und ehrliche Weltmeisterschaft organisieren, keine chaotische. Für mich ist eines ganz klar: Ich halte nicht drei Jahre meine Birne für etwas hin, wofür ich nichts kann. Ich habe das losgetreten, um der FIFA einen Dialog anzubieten, den wir brauchen."
Auch die momentane Stürmerdiskussion beim FC Bayern war Thema im Premiere-Studio. Auf Reals Stürmer-Ass Morientes angesprochen, erklärte Beckenbauer: "Ich weiß nicht, wie unsere Verantwortlichen über eine Neuverpflichtung denken. Einen Morientes würde ich aber auf jeden Fall nehmen, wenn er einigermaßen erschwinglich wäre." Im Vergleich mit Roy Makaay hält er aber den Holländer für besser: "Makaay scheint mir der Reifere zu sein, der kaltblütigere Vollstrecker."
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ots-Originaltext: Premiere
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