KBV - Kassenärztliche Bundesvereinigung
KBV fordert Maßnahmen statt verharmlosender Studien
WIdO-Analyse der Versorgungsengpässe im Osten
Berlin (ots)
"Den drohenden Ärztemangel in den neuen Bundesländern bekommt man nicht mit verharmlosenden Studien in den Griff. Wir brauchen gezielte Maßnahmen gegen die sich abzeichnenden Engpässe und vor allem in großer Zahl Allgemeinmediziner, damit in absehbarer Zeit die Versorgung im Osten nicht zusammenbricht." Mit diesen Worten hat heute in Berlin der Erste Vorsitzende der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), Dr. Manfred Richter-Reichhelm, auf die gestrige Vorstellung einer Publikation des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) reagiert. Das WIdO hatte behauptet, die fachärztliche Versorgung sei in den neuen Bundesländern auch in Zukunft von Überversorgung geprägt, bei den Hausärzten bestünden nur dann Schwierigkeiten, wenn freiwerdende Sitze nicht neu besetzt würden.
"Hier liegt aber genau das Problem", so Richter-Reichhelm weiter. "Rund 40 Prozent der Allgemeinmediziner im Osten werden in den nächsten zehn Jahren ihre Zulassung aus Altersgründen zurückgeben müssen. In einigen Gebieten, etwa Mecklenburg-Vorpommern, sind es sogar fast die Hälfte der derzeit praktizierenden Kollegen. Auch die freiwerdenden Sitze von hausärztlich tätigen Internisten sollen künftig durch Fachärzte für Allgemeinmedizin besetzt werden. Wir brauchen mehr Nachwuchs, als uns nach abgeschlossener Weiterbildung künftig zur Verfügung stehen wird", erklärte der KBV-Chef. Die verbleibenden Allgemeinärzte könnten unter diesen Bedingungen die kassenärztliche Versorgung nicht sicherstellen. Bereits jetzt arbeite ein ostdeutscher Hausarzt durchschnittlich 63 Stunden in der Woche. Betrüge der Vorsorgungsgrad in einer Region nur noch 75 Prozent, so müsste er 87 Wochenarbeitsstunden bewältigen. "Unter diesen Konditionen ist qualitativ hochwertige Medizin nicht möglich und die Überforderung der Ärztinnen und Ärzte nicht mehr vertretbar", so Richter-Reichhelm.
Auch bei den Fachärzten lägen die Praxisabgaben prozentual künftig im zweistelligen Bereich. So habe die Kassenärztliche Vereinigung Mecklenburg-Vorpommern errechnet, dass in den nächsten zehn Jahren 30 Prozent der Fachärzte in den Ruhestand gingen.
Der KBV-Vorsitzende prangerte die These des WIdO als kurzsichtig an, auch mit einem Versorgungsgrad von 75 Prozent auskommen zu können. "Die Menschen werden immer älter und kränker, der Bedarf an ärztlicher Versorgung nimmt also zu und nicht ab", so Richter-Reichhelm. Er verwies auf eine Analyse des Robert-Koch-Instituts, wonach beispielsweise die Anzahl der Krebserkrankungen von 1998 auf 2020 bei über 65-jährigen um 60 Prozent steigen wird.
"Die WIdO-Studie zeigt einmal wieder das interessegeleitete Erkenntnisstreben der Krankenkassen. Derzeit gilt es bei AOK, Barmer & Co. als Dogma, dass die Deutschen mit Fachärzten hoffnungslos überversorgt und dementsprechend Praxisschließungen angezeigt sind. Dabei können wir genügend Beispiele nennen, die belegen, dass auch in der fachärztlichen Versorgung jetzt schon ein spürbarer Mangel herrscht. Im Märkisch-Oderlandkreis ist ein Augenarzt für 27.000 Krankenversicherte zuständig, im Landkreis Spree-Neisse kommt ein Nervenarzt auf 60.000 Versicherte und im Landkreis Elbe-Elster gibt es für 128.000 Einwohner gerade einmal einen Dermatologen", erläuterte der KBV-Chef.
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