Alle Storys
Folgen
Keine Story von taz - die tageszeitung mehr verpassen.

taz - die tageszeitung

taz-Kommentar von Dominic Johnson über den Timbuktu-Prozess in Den Haag

Berlin (ots)

Ein Vorbild für die Welt

Der Timbuktu-Prozess gegen den Malier Ahmad al-Mahdi vor dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) schreibt Geschichte. Erstmals erkennt die internationale Justiz Kulturzerstörung als Kriegsverbrechen an. Indem die Richter in Den Haag die entsprechende Anklage zur Hauptverhandlung zuließen, haben sie das unabhängig vom Urteil - bei dem es um das Ausmaß der Schuld des einzigen Angeklagten geht - bereits festgelegt.

Das müsste eigentlich Präzedenzcharakter haben. Die Zerstörung der Buddha-Statuen von Bamiyan in Afghanistan durch die Taliban, das Wüten des "Islamischen Staates" in Palmyra in Syrien - es gibt viele Fälle der mutwilligen Vernichtung von Kulturerbe, die vor Gericht gehören. Die Mausoleen von Timbuktu gehören keineswegs zu den einzigartigen Kulturgütern der Welt, aber die Zielsetzung hinter ihrer Zerstörung durch Islamisten ist eine universelle, die nicht länger straflos bleiben darf.

Allerdings wird dies nie geschehen, denn für Syrien ist der ICC nicht zuständig, weil Syrien kein Mitglied ist und der UN-Sicherheitsrat nicht tätig werden wird. Dabei ist der Artikel des ICC-Statuts, der jetzt im Timbuktu-Prozess zur Anwendung kommt, wie geschaffen zur Aufarbeitung des syrischen Kriegs. Er verbietet "vorsätzliche Angriffe auf Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, auf geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete". Also genau all das, was die Assad-Regierung seit Jahren tut.

Die Prozesse des Internationalen Strafgerichtshofs werden oft dafür kritisiert, dass sie lediglich gegen Afrikaner geführt werden. Das ist korrekt, bedeutet aber umgekehrt, dass Afrika zum Vorreiter wird bei der internationalen Ahndung von Kriegsverbrechen. Das Timbuktu-Verfahren sollte den Rest der Welt an all die anderen Verbrechen erinnern, die ungesühnt bleiben - nicht nur im kulturellen Bereich.

Pressekontakt:

taz - die tageszeitung
taz Redaktion
Telefon: 030 259 02-255, -251, -250

Original-Content von: taz - die tageszeitung, übermittelt durch news aktuell

Weitere Storys: taz - die tageszeitung
Weitere Storys: taz - die tageszeitung
  • 21.08.2016 – 16:20

    taz: taz-Kommentar zum VW-Boykott

    Berlin (ots) - Das Aufbegehren der Lieferanten taz-Kommentar von Richard Rother zum Lieferantenstreik bei VW Was wirklich hinter dem handfesten Streit zwischen dem angeschlagenen Weltkonzern VW und zweien seiner sächsischen Zulieferfirmen steht - darüber lässt sich nur spekulieren: Ist es pure Verzweiflung oder Übermut, die die Sachsen zum Lieferboykott gebracht haben, obwohl sogar eine Gerichtsentscheidung zur Lieferung verpflichtet? Fakt ist: Der dadurch hervorgerufene ...

  • 18.08.2016 – 16:14

    taz-Kommentar zum Verbot des Kurdenfestivals in Köln

    Berlin (ots) - taz-Kommentar von Pascal Beucker zur Absage des Kurdenfestivals in Köln Schützen statt Verbieten Nur einen Tag nachdem türkische Polizisten die Redaktionsräume der prokurdischen Zeitung Özgür Gündem in Istanbul gestürmt haben, sorgt ein deutscher Polizeipräsident für die Absage eines kurdischen Kulturfestivals in Köln. Mit seiner "Empfehlung" an den städtischen Betreiber, dem Demokratischen ...

  • 17.08.2016 – 15:46

    taz-Kommentar zur Türkei als islamistische Plattform

    Berlin (ots) - taz-Kommentar von Pascal Beucker zum Bericht über die Türkei als islamistische Plattform Konsequenzen müssen folgen Sicherlich, dass die Türkei dschihadistische Terrorgruppen unterstützt, ist keine neue Erkenntnis. Dass macht jedoch die Einschätzung des Bundesinnenministeriums, das Land am Bosporus habe sich "zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Gruppierungen der Region des Nahen und ...