taz-Kommentar zu den Folgen des Tarifabschlusses im Öffentlichen Dienst
Berlin (ots)
taz-Kommentar von Anna Lehmann zu den Folgen des Tarifabschlusses im Öffentlichen Dienst
Kein Grund zum Jubeln
Wenn das Kind am Montagmorgen wieder in seiner Berliner Kita ankommt, in die Hausschuhe schlüpft und seiner Erzieherin entgegenhüpft, dürfte die Stimmung auf ihrer Seite wohl gedrückt sein.
Der Tarifabschluss für die 800.000 Angestellten des öffentlichen Dienstes, auf den sich Gewerkschaften und Arbeitgeber am Freitagabend geeinigt haben, sieht zwar auch für ErzieherInnen moderate Einkommensverbesserungen vor. Aber: Die meisten betrifft der Abschluss nicht. In anderen Bundesländern ist ein Teil der ErzieherInnen bei den Kommunen angestellt, die eh schon besser bezahlen. Bundesweit aber sind die meisten Kitas in freier Trägerschaft. Der Tarifabschluss wird die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt weiter verschärfen. Zu Lasten der Kinder.
In vielen Ländern so auch in Berlin sind städtische Kitas in den letzten Jahren fleißig an freie Träger übertragen worden. Das entlastet den öffentlichen Haushalt, denn die Kirchen und Wohlfahrtsverbände, erhalten oft nicht 100 Prozent der tatsächlichen Kosten, sondern nur einen Teil, in Berlin 93 Prozent. Die Lücke tragen die Beschäftigten: Sie werden oft schlechter entlohnt als ihre Kollegen in den öffentlichen Einrichtungen.
Das macht sich bemerkbar. Erzieher ist bundesweit inzwischen ein Mangelberuf. So fehlen in Berlin mittlerweile 11.500 Erzieher, in Nordrhein-Westfalen sind es 15.600. Die Kitas werben sich gegenseitig das Personal ab. Verlässliche Bezugspersonen und stabile Bindungen, die ja so wichtig sind für kleine Kinder, werden zweitrangig.
Um die Qualität in allen Kitas zu verbessern, muss der Gehaltswettbewerb gestoppt werden. Keine Frage: ErzieherIn ist ein anspruchsvoller Beruf, der entsprechend entlohnt werden muss. Aber wenn, dann überall. Die Länder müssen also die freien Kitas entweder gleichstellen oder kommunalisieren. Das wird teuer. Aber billig ist frühkindliche Förderung nun mal nicht zu haben.
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