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"Sarkozy ist ein Fischverkäufer" Chabrol-Muse Ludivine Sagnier im Tele 5-Interview

"Sarkozy ist ein Fischverkäufer"

Chabrol-Muse Ludivine Sagnier im Tele 5-Interview
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München (ots)

Ludivine Sagnier (28), Hauptdarstellerin von 'Die zweigeteilte 
Frau' (Kinostart 10. Januar) über Schamgefühl, Schlemmen mit Chabrol,
schöne Männer in ihrem Bett und den Niedergang Frankreichs.
Vierteilige Claude Chabrol-Reihe auf Tele 5
Ab Sonntag, 13. Januar, 00.15 Uhr: 'Der Schlachter'
Tele 5: Ist 'Die zweigeteilte Frau' eine Hymne auf die Jugend?
Ludivine Sagnier: Dafür ist der Film zu zynisch, es geht ja um 
eine Jugend, die geopfert wird. Man sieht ein Mädchen, das voller 
unschuldiger, reiner Absichten ist. Sie glaubt an die Liebe und 
daran, dass sie ein erfülltes Gefühlsleben vor sich hat. Und sie wird
komplett geopfert von einer Gesellschaft, die nichts kennt als 
Äußerlichkeiten und Lügen.
Tele 5: Aber am Schluss lächelt sie.
Ludivine Sagnier: Ja, weil sie da wieder auflebt.
Tele 5: Sind die modernen jungen Mädchen nicht etwas weniger naiv?
Ludivine Sagnier: Wenn man lieben will, dann hat das nichts mit 
einer bestimmten Epoche zu tun. Es wird immer Menschen geben, die 
sich für die Liebe völlig aufgeben. Aber da der Film eine moderne 
Geschichte erzählt, kann Gabrielle, obwohl sie geopfert und 
gedemütigt wird, am Schluss wieder aufstehen. Frauen haben heute mehr
Kraft und Freiheit. Man wird von Skandalen weniger beschmutzt als 
früher oder zumindest nicht ganz vernichtet. 'Die zweigeteilte Frau' 
entstand nach einer wahren Geschichte aus New York ,Anfang des 20. 
Jahrhunderts. Diese Geschichte hatte ein tragisches Ende.
Tele 5: Wie war das eigentlich, als Claude Chabrol bei Ihnen 
angerufen hat?
Ludivine Sagnier: Ich habe es nicht geglaubt, einfach nicht 
geglaubt. Für mich war Claude Chabrol der Größte. Als französische 
Schauspielerin bin ich natürlich von der Nouvelle Vague beeinflusst, 
meine Referenzen sind Truffaut, Godard und eben Chabrol. Wenn man mit
ihm arbeitet, dann ist man plötzlich Teil der Legende.
Tele 5: Wie war es, mit ihm zu arbeiten?
Ludivine Sagnier: Super, er ist ein Schatz. Claude arbeitet seit 
25 Jahren mit dem gleichen Team zusammen. Da herrscht eine ganz tolle
Atmosphäre. Es ist wie von einer Familie adoptiert zu werden, ich 
habe mich zuhause gefühlt. Ich hätte noch ein halbes Jahr länger 
drehen können, ohne mich auch nur eine Sekunde zu langweilen!
Tele 5: Und sein vielgefürchteter Zynismus?
Ludivine Sagnier: Claude ist sehr zynisch, das ist wahr, aber er 
ist dabei so klug und witzig, dass mich diese Eigenschaft überhaupt 
nicht stört.
Tele 5: Man sagt, er war begeistert von Ihnen als Glöckchen in 
'Peter Pan' und hat Sie deshalb engagiert.
Ludivine Sagnier: Ja, die Vorstellung, dass ich eine kleine Fee 
bin, gefällt ihm.
Tele 5: Werden Sie bald wieder mit ihm drehen?
Ludivine Sagnier: Er macht jetzt einen Film mit Gérard Depardieu 
und er hat mir gesagt, dass ich im übernächsten Film möglicherweise 
wieder dabei bin.
Tele 5: Sie haben über Chabrol gesagt: "Er suggeriert Sex, aber 
man wird gleichzeitig beschützt von seiner Keuschheit." Wie meinen 
Sie das?
Ludivine Sagnier: Claude ist jemand, der Lust hat, gefährliche 
Dinge auszudrücken, pikante und sehr intime Dinge. Aber er ist auch 
Teil einer Generation, die noch etwas altmodisch ist. Er kann es sich
nicht erlauben, so darüber zu sprechen wie jemand in unserem Alter. 
Also gibt es bei ihm eine Art Verschiebung. Er behandelt ketzerische 
Themen, aber seine Art, wie er diese Dinge zeigt, ist sehr diskret. 
Für ihn ist 'Die zweigeteilte Frau' fast ein pornografischer Film, 
hat er mir gesagt.
Tele 5: Obwohl man eigentlich nichts sieht.
Ludivine Sagnier: Genau. Da ist dieser ältere Schriftsteller, der 
das junge Mädchen in den Club mitnimmt und sie hat Gruppensex mit ihm
und seinen Freunden. Das ist schon ziemlich bizarr und auch sehr 
unmoralisch. Aber man sieht nicht viel. Das finde ich sehr angenehm. 
Aus einer gewissen Distanz lassen sich die Dinge viel besser 
verstehen.
Tele 5: Der Zuschauer macht sich seine eigenen Vorstellungen.
Ludivine Sagnier: Chabrol könnte sagen: Ich soll pervers sein? 
Das, was ihr pervers findet, das ist eure Art, die Dinge zu sehen, 
das ist die Perversion in euren Köpfen.
Tele 5: Sammeln Sie wertvolle Meisterstücke wie Chabrol?
Ludivine Sagnier: Ja, ich mag diese alten Haudegen (lacht). Und 
Claude hat die berühmtesten Leute gekannt. Er war mit Hitchcock 
befreundet, mit Truffaut und Bergman. Wenn ich mit ihm arbeite, 
bringt mir das diese illustren Menschen irgendwie nahe und ich liebe 
das.
Tele 5: Sie haben schon viele Filme gemacht. Was war die neue 
Herausforderung in 'Die zweigeteilte Frau'?
Ludivine Sagnier: Auf allen Vieren zu krabbeln, mit einer großen 
Feder im Hintern. Das war schwer und gehörte für mich nicht zu den 
schönsten Momenten.
Tele 5: Die Szene hat aber trotzdem Würde.
Ludivine Sagnier: Ja klar, denn zum Glück ist da Claudes 
Schamgefühl. Als ich das im Drehbuch gelesen habe, hab ich zuerst 
gesagt: nein!
Tele 5: In dem Film taucht die Frage auf, ob unsere Gesellschaft 
in die Dekadenz oder in den Puritanismus driftet. Für beides gäbe es 
Anzeichen.
Ludivine Sagnier: In Frankreich haben Journalisten vermutet, dass 
das Bild der "zweigeteilten Frau" auch für das politisch zerrissene 
Frankreich stehen könnte. Ich weiß nicht, ob Claude das beabsichtigt 
hat, aber es ist ein Bild, das funktioniert. Sarkozy ist wie ein 
Marktschreier, der die Menschenrechte wie Fisch verkauft. (Schreit 
und gestikuliert) "Wer möchte meine Menschenrechte? Wer will meine 
Demokratie? Ganz billig, ganz billig! Ich geb' dir 50 Prozent 
Rabatt." Sarkozy ist gerade dabei, alle Werte Frankreichs zu 
verschleudern.
Tele 5: Aber die Franzosen haben ihn doch gewählt.
Ludivine Sagnier: Die Hälfte. Frankreich ist zweigeteilt, wie die 
zweigeteilte Frau. Die sozialen Missstände werden immer schlimmer, 
was zum Beispiel zu Gewalt in den Banlieues führt.  Alles ziemlich 
abstoßend.  Ich bin zurzeit nicht sehr stolz auf mein Land.
Tele 5: Ein angenehmeres Thema: Welcher von Ihren beiden 
Filmpartnern hätte Ihnen denn besser gefallen?
Ludivine Sagnier: Ich finde Francois Berléand genial. Und in 
Benoit Magimel war ich verliebt, als ich ein kleines Mädchen war. 
Heute habe ich das überwunden. (lacht) Aber ich bin natürlich schon 
sehr froh, dass mein Beruf mir immer diese vielen schönen Männer ins 
Bett liefert.
Tele 5: Stimmt es, dass Chabrol ein großer Lebemann ist, der bei 
den Dreharbeiten wahre Köstlichkeiten auffährt?
Ludivine Sagnier: Oh ja, wir haben gut gegessen. Und manchmal 
kocht Claude selber. Einmal gab es Tartar. Er kam an mit einer Wanne 
voller Rinderhackfleisch, tollen Gewürzen, Senf, Kapern, Eiern und 
allem. Das macht ihm eine große Freude, für das ganze Team etwas 
zuzubereiten. An einem anderen Tag hat er alle in ein supertolles 
Restaurant in Lyon eingeladen. Nach dem Dessert singt er dann. Das 
ist eine Tradition. Er gibt den schlechten Operettensänger (grölt 
laut und falsch) "Aaaeeeooh! Ohhhhh." Und alle schreien: "Nein!! 
Aufhören! Das ist grauenvoll!"  Und er macht natürlich weiter. Er 
liebt es, sich von allen auspfeifen zu lassen.
Tele 5: Mit welchen Regisseuren würden Sie in Zukunft gerne 
arbeiten?
Ludivine Sagnier: Lieber nicht darüber reden! Ich bin 
abergläubisch. Bis jetzt habe ich sehr viel Glück gehabt und dieses 
Glück möchte ich hegen und pflegen.
Tele 5: Mit dem Vater Ihrer kleinen Tochter sind Sie nicht mehr 
zusammen?
Ludivine Sagnier: Wie auch immer!
Tele 5: Wie ist das, arbeiten und alleine ein Kind großziehen?
Ludivine Sagnier: Ich würde auch in der Fabrik arbeiten, wenn's 
sein müsste. Aber als Schauspielerin geht es ganz gut. Ich habe das 
Glück, mir ein Kindermädchen leisten zu können. Meine Tochter ist 
knapp drei Jahre alt, geht noch nicht zur Schule, also begleitet sie 
mich, wenn ich unterwegs bin. Später wird's 
komplizierter...Inschallah!
Tele 5: Kennen Sie das Gefühl, in zwei Hälften geschnitten zu 
werden?
Ludivine Sagnier: Im Sinne eines gebrochenen Herzens ja, das kenne
ich. So wie Gabrielle auch. Aber sie erneuert sich. Sie wählt die 
Kraft der Magie, der Illusion. So kann es auch bei Schauspielern 
sein. Auch sie können mit Hilfe der Illusion ihre Leiden exorzieren. 
Die Magie am Schluss, das ist ein sehr schönes Bild. Und deshalb ist 
'Die zweigeteilte Frau' vielleicht doch eine Hymne auf die Jugend.
Interview: Michaela Simon
Tele 5 zeigt eine vierteilige Claude Chabrol-Reihe
So., 13.01., 00.15 Uhr: 'Der Schlachter' mit Stéphane Audran
Mo., 14.01., 22.00 Uhr: 'Das Leben ist ein Spiel' mit Isabelle 
Huppert
So., 20.01., 00.55 Uhr: 'Hühnchen in Essig' mit Jean Poiret.
Mo., 21.01., 00.00 Uhr: 'Inspektor Lavardin oder die Gerechtigkeit'
Textrechte: ©Presse Tele 5, Verwertung honorarfrei nur bei 
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Tele 5 Pressestelle: Michaela Simon, Jochem Becker
Tel. 089-649568-175, -176, Fax. -119, E-Mail: presse@tele5.de
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