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Julie Christie: "Ein Star zu sein, schmeckt mir nicht."

Julie Christie: "Ein Star zu sein, schmeckt mir nicht."
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München (ots)

So., 22. Juni, 23.05 Uhr, werbefrei auf Tele 5: 'Hamlet' mit Julie
Christie
Fr., 27. Juni, Filmfest München: CineMerit Award an Julie Christie
Oscar-Verleihung 1965: Eine junge, blonde Britin ist als beste 
Schauspielerin des Jahres nominiert. Die Konkurrenz ist stark und 
erfahren. Dennoch schafft sie es, die namhaften Rivalinnen aus dem 
Rennen zu schlagen. Name: Julie Christie. Film: ,Darling'.
Oscar-Verleihung 2008: Eine nicht mehr ganz so junge Britin ist 
als beste Schauspielerin des Jahres nominiert. Die Konkurrenz ist 
zwar stark, aber eher unerfahren. Dennoch muss sie sich einer dieser 
Rivalinnen geschlagen geben. Name: Julie Christie. Film: ,An ihrer 
Seite'.
Ein ganzes Berufsleben liegt zwischen diesen beiden Ereignissen, 
in denen Julie Christie auf eine abwechslungsreiche Karriere und auf 
ein ebenso abwechslungsreiches Leben zwischen Kunst und Kommerz, 
Jet-Set-Leben und Abgeschiedenheit zurückblickt.
Für Julie Christie, die 1941 in Indien geborene Tochter eines 
englischen Teeplantagenbesitzers, kommt der Erfolg mit John 
Schlesingers ,Geliebter Spinner', einer ihrer ersten Kinorollen, über
Nacht. Die damals 22-Jährige hat gerade ein Schauspiel- und 
Kunststudium in London und Paris hinter sich und führt ein 
Vagabundenleben, das sie selbst folgendermaßen beschreibt: "Ich zog 
mit meiner Matratze von Freund zu Freund".
John Schlesinger ist es schließlich auch, der ihr die Rolle des 
karrieregeilen Models Diana Scott in ,Darling' (1965) auf den 
hübschen Leib schneidert. Der Film verleiht dem Lebensgefühl der 
Swinging Sixties wie kein anderer Ausdruck und macht Christie zur 
Leitfigur dieser Dekade. Als eine Art Vorgänger-Modell zum "Girlie" 
klettert sie schnellen Schrittes die Karriere-Leiter hoch.
Im selben Jahr erobert sie zudem auch als Lara, die Geliebte von 
,Doktor Schiwago', die Kino-Leinwände auf der ganzen Welt.
Gewichtsverlust und Zusammenbruch als Resultate des Erfolgsdrucks
Es folgen gute Filme, aber auch weniger gute. Der plötzliche Ruhm 
setzt der scheuen Christie sehr zu. Interviews und Bekenntnisse aus 
dem Privatleben gibt sie nur widerwillig und betrachtet diese als 
notwendiges Übel. Erschöpfung, Gewichtsverlust und Zusammenbruch sind
die Resultate des Erfolgsdrucks. Beim Dreh schläft sie zwischen den 
Takes oft ein, zumal sie ihren eigenen Haushalt selbst schmeißt und 
auf Hilfe verzichtet. Regisseur John Schlesinger engagiert eigens 
eine Putzfrau für sie, damit sie wenigstens etwas Entspannung hat.
Das Interesse an ihrem Privatleben nimmt drastisch zu, als sie 
Warren Beatty kennenlernt. Die Beziehung zum Hollywood-Beau, der Brad
Pitt der 60er und 70er Jahre, ist das Gesprächsthema der 
Klatschpresse und währt sieben stürmische Jahre.
Zwischen Partyleben und Yellow Press setzt sich Christie auch für 
wohltätige Zwecke ein und sucht ihre Filmrollen abseits des 
Mainstream. Sie lehnt hitverdächtige Angebote wie ,Rosemary's Baby' 
(1968) bewusst ab, was gewissermaßen einem beruflichen Selbstmord 
gleichkommt. Nichtsdestotrotz glänzt sie in künstlerisch 
anspruchsvollen Filmen: Für Robert Altmans ,McCabe & Mrs. Miller' 
(1971) an der Seite von Warren Beatty erntet sie wahre Lobeshymnen 
und eine weitere Oscar-Nominierung. Auch wenn sich der Film nicht als
kinokassenträchtig erweist, gilt ihre Darstellung einer 
opiumsüchtigen Prostituierten als die beste Leistung ihrer Karriere.
Ende der 70er Jahre wird es ruhig um "Darling" Julie. Es ist aber 
eine selbstauferlegte Ruhe. Die Produzenten reißen sich immer noch um
sie. Man bietet ihr bis zu einer Million Dollar pro Film an, die die 
schöne Schauspielerin dankend ablehnt. Stattdessen kehrt sie 
Hollywood den Rücken und begibt sich in Richtung Heimat 
Großbritannien.
Dort macht sich Christie stark für die Rechte von Minderheiten, setzt
sich für Tier- und Umweltschutz ein. Fast schon einsiedlerisch lebt 
sie auf einem alten Bauernhof, tauscht Glamour gegen soziales 
Engagement.
Die Exzentrikerin frönt ihrem Einsatz auch im Privatleben - fast 
schon auf radikale Weise: Sie benutzt beispielsweise kein Klopapier. 
Ihren Gästen, die mal das stille Örtchen aufsuchen müssen, drückt sie
einfach Zeitungspapier in die Hand.
"Ein Star zu sein, schmeckt mir nicht, es ist nichts, was ich je 
angestrebt habe". Diese Ansicht vertritt "Jules", wie sie von 
Freunden genannt wird, vehement: Wo andere Schauspieler ihre 
Filmpreise stolz und für alle sichtbar auf Kaminsimsen oder gleich im
Hauseingang platzieren, packt sie ihren Oscar, den wichtigsten 
Filmpreis der Welt, auf den Dachboden. Auch schauspielerisch tritt 
sie kürzer. Abgesehen von sporadischen Auftritten, wie in der 
deutschen TV-Produktion ,Väter und Söhne' (1986), ist Julie Christie 
vor der Kamera quasi nicht mehr präsent.
1996 gelingt Kenneth Branagh schließlich das, woran sich andere 
Filmemacher die Zähne ausgebissen haben, nämlich Julie Christie zu 
einem Comeback zu bewegen. Der Shakespeare-Experte holt sie zu einer 
großangelegten Verfilmung von ,Hamlet', die Tele 5 am 22. Juni, um 
23.05 Uhr ohne Werbeunterbrechung zeigt, aus ihrer Isolation zurück. 
Als leidgeplagte Gertrude gibt sie der Rachegeschichte um den Prinzen
von Dänemark die richtige königliche Würze.
Und die Freude am Spiel ist wiederentdeckt: Große Rollen in kleinen 
Projekten (,Liebesflüstern', 1997) und kleine Rollen in 
Großproduktionen (,Troja', 2004) wechseln sich ab. Eines der weniger 
teuren Projekte ist auch ,An ihrer Seite', ein Kleinod über eine an 
Alzheimer erkrankte Frau. Julie Christie gibt eine Paradevorstellung 
ab, die Filmindustrie dankt ihr mit zahlreichen Preisen u.a. einer 
vierten Oscar-Nominierung. Auch wenn sie die Statuette letztendlich 
nicht gewinnt, ist sie wieder in aller Munde.
Privat sind die ungestümen Zeiten auch vorbei. Einst war sie der 
Meinung: "Ich glaube nicht, dass Männer mich sexy finden. Es reizt 
sie allerdings, dass ich so tue, als würde ich sie über kurz oder 
lang verlassen." Aber der Journalist Duncan Campbell scheint sie 
eines Besseren belehrt zu haben. Nach 28 Jahren wilder Ehe heiratete 
sie ihn im November letzten Jahres in ihrem Geburtsland Indien.
Schönheit ist vergänglich? Mitnichten! Julie Christie, 66, laut Al
Pacino "die poetischste aller Schauspielerinnen" und das Gesicht 
einer ganzen Generation, hat gezeigt, dass sie weder von ihrer 
Schönheit noch von ihrem Talent etwas eingebüßt hat.
Text: Baris Aslan
Textrechte: ©Presse Tele 5, Verwertung honorarfrei nur bei 
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