"Ich bin ein totaler Feigling!" Der zweifache Oscarpreisträger Milos Forman (76) im Tele-5-Interview über akzeptable Diktaturen, Sehnsüchte und ein sonderbares Tier namens Hollywood.
München (ots)
Tele 5 zeigt Milos Formans Kult-Musical 'Hair' am Samstag, 5. Juli in der Meisterwerke Matinée um 12.15 Uhr
Tele 5: Ihre Helden sind oft Rebellen. Sie auch?
Milos Forman: Überhaupt nicht. Ich bin ein totaler Feigling! Glauben Sie mir. Wenn man einen Film machen will, hat man mit so vielen Institutionen und Bürokratien zu tun. Mir fällt das schwer. Es nervt. Ich bin darin nicht gut, diese Ohnmacht zu überwinden. Aber das Lustige ist: Sobald sie grünes Licht bekommen, das Geld haben, werden Sie der Diktator. Filmemachen, das ist die einzige akzeptable Diktatur auf diesem Planeten!
Wenn Sie so ein Feigling sind: Was ist dann Ihre Beziehung zu Ihren Figuren? Leben Sie da etwas stellvertretend aus, was Sie selber nicht leben? Verstecken Sie sich hinter Ihren Figuren?
Ganz genau, das stimmt! Als ich noch in der CSSR wohnte, wollte ich immer so etwas tun, wie der Indianer in 'Einer flog über das Kuckucksnest': Die Mauern durchbrechen, einfach raus aus der Irrenanstalt. Weglaufen. Aber ich hab's nie getan.
Wie wir alle wissen, wuchsen Sie nicht in angenehmen Verhältnissen auf. Ihre Eltern wurden von den Nazis im KZ getötet. Könnte diese Feigheit, der Drang, im Verborgenen zu bleiben, daher rühren?
Wahrscheinlich, ja, das muss aus früher Zeit stammen, diese innere Stimme: Bleib still, steh im Schatten.
Seit Ende der Sechziger leben sie in den USA. Öffentliche Figuren, und - wenn man so will - die Medien sind Ihr Thema. Ein Resultat der Veränderungen in den USA, wo sie leben?
Es stimmt: Vieles hat sich verändert. Die Studios haben ihre Unabhängigkeit verloren. Heute sind sie Teil großer Medienkonzerne. Das bedeutet mehr Bürokratie und all das. Hollywood ist ein sonderbares Tier. Es geht seinen eigenen Weg, erzeugt seine eigenen Regeln. Aber im Prinzip ist Hollywood gleich geblieben, und wird sich auch in Zukunft nicht ändern. Alles dort wird bestimmt von der Diktatur des Publikums...
Glauben Sie wirklich? Ist nicht umgekehrt das Publikum von den großen Unterhaltungs-Konzernen manipuliert?
Nein, nein. Es gibt natürlich solche Tendenzen, schlechten Geschmack, das Bedürfnis immer mehr Sex und Gewalt zu zeigen. Aber auch das hat keine besonders schlimmen Auswirkungen.
Sie fühlen sich also nicht wie der 'Mondmann' Ihres vorletzten Films: ein Getriebener, der immer neue Wege sucht, um den Zwängen des Systems zu entfliehen?
Oh - wenn sie mich so fragen, fühle ich mich dem natürlich sehr verwandt. Dieser Ehrgeiz, das System auszutricksen, und die eigene Version umzusetzen, ist genau das, was die Maschine am Laufen hält: etwas Frisches, Neues zu schaffen.
Worauf kommt es an, um einen großen Film zu drehen, wie entsteht das Besondere?
Man muss etwas Ungewöhnliches finden. Einzigartige Schauspieler sind da besonders wichtig. Darum habe ich mich immer gekümmert: Courtney Love, Jim Carrey - solche Typen brauche ich.
Haben Sie schon neue Pläne?
Nein, leider überhaupt keine!
Wie gehen Sie vor, um einen neuen Stoff zu finden?
Ich habe genug Geld verdient, muss nicht arbeiten, um zu leben. Da habe ich Glück gehabt. Ich lese Bücher, bekomme viele Vorschläge, und warte, bis etwas dabei ist. Ohne Eile, denn ein Film braucht zwei Jahre meines Lebens. Je älter man wird, umso sorgfältiger sucht man sich die Dinge aus.
Interview: Rüdiger Suchsland
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