Sozialverband Deutschland (SoVD)
Behinderte Menschen zur Wahl ermutigen
Berlin (ots)
Mit der heute vorgestellten Wahlhilfebroschüre sollen behinderte Menschen ermutigt werden, ihr Wahlrecht wahrzunehmen. Viele wissen nicht, dass sie wählen dürfen, andere scheuen die damit verbundenen Probleme - etwa die notwendige Hilfe, die zum Beispiel Sehbehinderte benötigen. Aber gerade mit dem Gleichstellungsgesetz haben behinderte Mitbürger einen Anspruch auf eine ihrem Handicap gemäße Hilfestellung erhalten. Gleichzeitig gibt die Schrift in einer Auflage von 120.000 Exemplaren und mit einem Geleitwort von Bundestagspräsident Thierse klare, einfache und praktische Tips, die es auch den meisten geistig behinderten Menschen ermöglichen, richtig und fundiert zu wählen.
Gerade behinderte Menschen haben ein besonderes und nachvollziehbares Interesse daran, dass der Sozialstaat ausgebaut und nicht abgebaut wird, erklärte der Bundesvorsitzende der integ-Jugend im Sozialverband Deutschland e.V. Armin Dötsch bei der Vorstellung der Wahlhilfebroschüre. Sie seien von der anhaltend hohen Arbeitslosigkeit besonders betroffen oder bedroht. Zudem seien sie viel stärker als die meisten Menschen auf eine solidarische Krankenversicherung mit einheitlichem Leistungskatalog und hochwertiger Versorgung angewiesen. Dasselbe gelte für die ambulante und stationäre Pflege. Deshalb sei es auch von besonderer Bedeutung, dass behinderte Bürger ihre Interessen bei der Bundestagswahl vertreten, betonte Dötsch. "Behinderte Menschen und ihre Organisationen sind gegen Armut und Arbeitslosigkeit, gegen Privatisierung sozialer Risiken, gegen Ellbogenmentalität und soziale Ausgrenzung. Insofern wird - im Hinblick auf eine solidarische Gesellschaft - aus einem Wahlrecht sogar eine Wahlverpflichtung."
Die ebenso einmalige wie ungewöhnliche Wahlhilfebroschüre wird herausgegeben vom niedersächsischen Behindertenbeauftragten Karl Finke, vom Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) und von seiner integ-Jugend. Unterstützt wird das Vorhaben von der "Aktion Mensch" und zahlreichen anderen Verbänden. Die Broschüre mit einer Sammelmappe, in der auch die noch erscheinenden Folgeschriften zu den Europa-, Landtags- und Kommunalwahlen aufbewahrt werden können, kann unter folgender Adresse bezogen werden:
integ-Jugend "Wahlhilfe" Kurfürstenstraße 131/2.OG, 10785 Berlin oder unter integ@sovd-sozialpolitik.de
Pressestatement
Armin Dötsch, Vorsitzender der integ-Jugend im Sozialverband Deutschland e.V. zur Wahlhilfebroschüre
Die Wahrnehmung des demokratischen Wahlrechts ist bei den anstehenden Bundestagswahlen für alle, aber insbesondere für junge behinderte Menschen, überaus wichtig, da sich die Gefahr einer Entsolidarisierung in den nächsten Jahren immer stärker abzeichnet und gerade behinderte Menschen von dieser Entwicklung am stärksten betroffen sein werden.
Freilich wurden in dieser Legislaturperiode viele Forderungen des Sozialverband Deutschland e.V. (SoVD) und anderer Behindertenverbände umgesetzt oder eingeleitet, doch die neuen Gesetze wie SGB IX und Gleichstellungsgesetz erfordern in der Praxis eine raschen Umsetzung. Wichtige Aufgabe des neuen Deutschen Bundestages wird die Verabschiedung eines umfassenden zivilrechtlichen Antidiskriminierungsgesetzes sein. Konkretisierte Vorschläge des SoVD für ein Leistungsgesetz zur sozialen Integration behinderter Menschen werden in den gesetzgeberischen Prozess eingebracht.
Behinderte und speziell junge behinderte Menschen sind von der anhaltend hohen Massenarbeitslosigkeit besonders betroffen oder bedroht. Eine aktive Beschäftigungspolitik mit der Verpflichtung, Ausbildungs- und Arbeitsplätze für diese zu schaffen, muss ein vorrangiges Ziel darstellen. Langjährige Forderungen des SoVD und der Behindertenverbände sind bisher unerfüllt geblieben: So ist die dringend notwendige Anhebung der steuermindernden Pauschbeträge für Menschen mit Behinderungen bereits seit 1975 nicht mehr erfolgt.
Das Erreichte in der Gesetzgebung für behinderte Menschen darf nicht durch falsche Weichenstellungen in der gesetzlichen Krankenversicherung wieder zunichte gemacht werden. Hier befürworten behinderte Menschen eine Strukturreform, die diesen Namen verdient. Das Maß ist voll! Jede weitere Zuzahlung und Eigenbeteiligung ist den Menschen nicht mehr zuzumuten. Fortschrittliche Weiterentwicklung der Gesundheitspolitik mit dem Hauptgewicht auf Prävention und der Verbesserung der medizinischen Versorgung für chronisch kranke und behinderte Menschen muss Vorrang haben!
Wir werden bei der Bundestagswahl nur solche politischen Konzepte unterstützen können, die die Einleitung von Strukturreformen in der Krankenversicherung garantieren, das Solidaritätsprinzip stärken und den langfristigen Erhalt eines einheitlichen Leistungskatalogs mit einer qualitativ hochwertigen Versorgung sicherstellen. Die Lebenssituation pflegebedürftiger Menschen in der häuslichen und stationären Pflege muss verbessert werden. Das Solidaritätsprinzip Gesundheitswesen darf nicht zerstört werden; Krankheit kann jeden Menschen jederzeit treffen!
Behinderte Menschen und ihre Organisationen sind gegen Armut und Arbeitslosigkeit, gegen Privatisierung sozialer Risiken, gegen Ellenbogenmentalität und soziale Ausgrenzung. Deswegen müssen alle - und insbesondere behinderte Menschen - ihre Wahlrechte im Sinne einer Durchsetzung ihrer gesellschafts- und sozialpolitischen Ziele wahrnehmen. Insoweit wird im Hinblick auf eine solidarische Gesellschaft aus einem Wahlrecht sogar eine Wahlverpflichtung.
Gehen Sie zur Wahl und geben Sie Ihrer Stimme Gewicht!
V.i.S.d.P. Matthias Herrndorff SoVD-Bundesverband Abteilung Sozialpolitik Kurfürstenstr. 131 10785 Berlin Tel.: 030/26 39 10 52 Fax: 030/26 39 10 55 E-Mail: integ@sovd-sozialpolitik.de
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