Lausitzer Rundschau: Europäischer Gerichtshof kippt VW-Gesetz Hart, aber sicherer
Cottbus (ots)
Seit der Weimarer Verfassung gilt in der Politik das gute demokratische Prinzip: ein Mensch, eine Stimme. Auf die Wirtschaft übertragen heißt das: eine Aktie, eine Stimme. So ging es bei VW nicht zu. Seit es den Konzern als Aktiengesellschaft gibt, war Großaktionär Niedersachsen durch das VW-Gesetz privilegiert: Keiner konnte mehr als 20 Prozent der Stimmen haben, keiner also stärker sein als Niedersachsen. Außerdem standen dem Land zwei Aufsichtsratsmandate zu, egal, wie hoch der Aktienanteil war. Schade, dass es eines Urteils des Europäischen Gerichtshofes bedurfte, um demokratische Selbstverständlichkeiten nach 60 Jahren durchzusetzen. Der Volkswagenkonzern steht für den legendären Käfer und den Golf, mit dem einer ganzen Autogeneration der Maßstab für erfolgreiche Modellpolitik vor die Nase gesetzt wurde. VW steht aber auch für hausgemachte Krisen, die das Unternehmen zweimal an den Rand des Zusammenbruchs getrieben haben. Mit guter Konjunktur kam VW zwar wieder auf die Beine, aber die Ära von Vorstandschef Ferdinand Piëch wirkte so fort, dass bis Ende 2006 kein Geld verdient wurde mit dem Autobau. Ausflüge in teure, aber verlustreiche Modelle, ein Haustarif, der 20 Prozent über dem der Metallindustrie lag, lasteten auf VW. Größter Malus aber war ein Modell der Unternehmensführung, in dem Politiker und Gewerkschafter, Aufsichtsräte ohne Kapitalinteressen also, Investitionen abnickten, die nichts brachten außer hohen Löhnen und Standortgarantien. Dieses System, dass das VW-Gesetz ermöglichte, hat den Bestand von VW immer wieder gefährdet, weil die Interessen normaler Kapitalgeber missachtet wurden. Das kann sich nun ändern. Das Leben wird härter bei VW, aber gerade das macht Standorte und Arbeitsplätze sicherer.
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