Lausitzer Rundschau: Linken-Parteitag in Cottbus: Hinter der Fassade
Cottbus (ots)
Der Druck von linksaußen wirkt. Wer wollte daran ernsthaft zweifeln? Kaum ein Jahr ist es her, dass PDS und WASG mit ihrem begnadeten Politprofi Oskar Lafontaine an der Spitze zu einer neuen Organisation fusionierten. Eine gesamtdeutsche Partei ist daraus noch nicht geworden. Aber westdeutscher als die einstige Ost-Wärmestube PDS ist sie allemal. In den neuen Ländern blieb sie Volkspartei, im Westen steht die Linke bei etwa zehn Prozent. Logisch, dass Lafontaine & Co vor Kraft kaum laufen können, wie sich jetzt auch beim Bundesparteitag in Cottbus zeigte. Über die Qualität der Linken ist damit trotzdem wenig gesagt. Was also steckt hinter der glänzenden Fassade? Das Geheimnis des politischen Erfolgs ist eigentlich simpel: Die Linkspartei schöpft ihre Stärke aus der Schwäche der anderen Parteien, vor allem der SPD. Bedenkt man, dass deren Agenda 2010 gewissermaßen die Geburtsurkunde für Lafontaines politischen Wiederaufstieg war, dann wird klar, woran es hapert: Soziale Verwerfungen und die Angst breiter Mittelschichten vor dem Absturz wurden über Jahre ignoriert. In dieser Situation bedeutet es für die Unzufriedenen im Land schon sehr viel, wenn eine Partei wenigstens die richtigen Fragen stellt. Das tun die Linken zweifellos. Viel mehr allerdings nicht. In einer bemerkenswerten Passage seiner Parteitagsrede hat Lafontaine den Mangel an Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und Mitbestimmung für das Scheitern der DDR verantwortlich gemacht. Dass der SED-Staat insbesondere auch an einer verfehlten Wirtschaftspolitik zugrunde ging, ließ er unerwähnt. Vor diesem Hintergrund wäre die Fragwürdigkeit eigener Lösungsansätze zutage getreten. Nach dem Willen der Linkspartei soll ein Investitionsprogramm von jährlich 50 Milliarden Euro für verschiedenste Wohltaten aufgelegt werden. Zu der Finanzierung heißt es lapidar, läge die deutsche Steuer- und Abgabenquote auf europäischem Niveau, dann könne der Staat noch 120 Milliarden Euro mehr einnehmen als bisher. Aber so reich an Reichen ist auch Deutschland nicht, als dass sich derlei Abzocke nur auf sie beschränken würde, wie die Linkspartei gern suggeriert. Solchem Populismus verdankt sie ihre hohen Sympathiewerte. Doch auf Dauer wird das kaum reichen. Nicht von ungefähr wurde die Debatte über ein Grundsatzprogramm auf die Zeit nach der nächsten Bundestagswahl vertagt. Ansonsten würde sich schnell herausstellen, dass längst noch nicht zusammenpasst, was zusammengehören soll. In Schlüsselfragen wie der Wirtschafts- und Finanzpolitik bis hin zur Regierungsbeteiligung beäugen Ost- und West-Linke einander mit viel Misstrauen. Das zeigt auch das nicht eben berauschende Wahlergebnis für Lafontaine. Solange sich die Linkspartei als Anti-Partei begreift, kann sie für die SPD auf Bundesebene kein geschäftsfähiger Partner sein.
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