Lausitzer Rundschau: Zu den Kosten der repräsentativen Rolle von Politikern Peanuts und andere Größen
Cottbus (ots)
Dienst ist Dienst, und Schnaps ist Schnaps. Hätte sich Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) an die Volksweisheit gehalten, sie hätte jetzt keine Dienstwagenaffäre am Hals. Politiker sollten sich jederzeit das Gefühl bewahren, dass sie Teil der Zivilgesellschaft sind, in die sie nach dem Amt wieder zurückkehren - und immer dann, wenn sie Urlaub haben. Da hat der Dienst-Mercedes aus Berlin nichts, aber auch gar nichts zu suchen. Immer wieder haben Politiker wegen der repräsentativen Rolle, die sie ausüben sollen und müssen, an die sie sich aber manchmal allzu sehr gewöhnt haben, Probleme mit der Gesellschaft. Und immer wieder hat die Gesellschaft Probleme mit ihnen. Die Schuld aber liegt nicht nur bei den Politikern. Etliche Medien sind jederzeit bereit, jedwede Behauptung zu verbreiten. Und die Menschen sind jederzeit bereit, sie zu glauben. Fast ist es ein Spiel geworden. Der Preis allerdings ist hoch. Es geht letztlich um den Ruf der Demokratie. Die Tatsache etwa, dass ein ganz normales Geburtstags-Dinner der Kanzlerin mit geladenen Gästen für Deutsche-Bank-Chef Josef Ackermann Schlagzeilen macht, ist der Bereitschaft geschuldet, den Politikern zu unterstellen, sie seien eigentlich nur damit beschäftigt, sich auf Staatskosten ein persönliches Schlaraffenland zu verschaffen. Aber wer reich werden will, wird nicht Politiker, sondern Banker, und wer Banker ist, der feiert nicht im Kanzleramt, sondern mietet sich gleich die Münchner Residenz für eine richtige Privat-Sause. Was Ackermann übrigens getan hat. Er hätte sich die Residenz zur Not auch kaufen können. Die Gesellschaft verlangt von einem Minister Omnipräsenz. Und gönnt ihm nicht mal das Transportmittel. Mancher Kritik muss man deshalb eine andere Volksweisheit vorhalten: Könnt ihr die Kirche nicht im Dorf lassen? Gerade Journalisten, die wie viele Deutsche noch jeden dienstlich gefahrenen Kilometer bei ihrer Firma gern penibel abrechnen, sollten etwas vorsichtiger sein. Schmidt etwa wird auch vorgeworfen, dass sie in einem Fall die Flugbereitschaft nicht optimal nutzte. Sie beorderte die Maschine für einen Dienstflug Richtung München nach Maastricht, statt von Aachen, wo sie war, mit dem Auto nach Köln zu fahren, wo das Flugzeug stand. 2000.Euro Mehrkosten. Mit Verlaub, am kostengünstigsten wäre es natürlich gewesen, Schmidt hätte den ganzen Weg nach München gleich mit der Bahn zurückgelegt. Ganz nebenbei: Der eigentliche Skandal im Fall der Flugbereitschaft liegt nicht darin, dass sie einmal für 2000.Euro von Köln nach Maastricht fliegen musste, um Ulla Schmidt abzuholen. Der Skandal liegt darin, dass sie hundertfach von Köln nach Berlin fliegen muss - und zurück - um dort die Minister abzuholen, denn wegen des Bonn-Berlin-Vertrages ist die Flugbereitschaft weiterhin in Köln-Wahn stationiert geblieben. So wollte es Nordrhein-Westfalen. Manchmal wäre es lohnender, sich mit solchen wirklich wichtigen Fragen zu beschäftigen, auch für den Steuerzahler. Denn so eng wie die Regeln in Deutschland für Politiker sind, gehören Bereicherungsaffären fast nie dazu, wie groß die Schlagzeilen auch sein mögen. Ackermann würde sogar sagen: Peanuts.
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