Lausitzer Rundschau: Kein Leben um jeden Preis BGH schafft mehr Rechtssicherheit für passive Sterbehilfe
Cottbus (ots)
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in seinem Grundsatzurteil zur passiven Sterbehilfe mit deutlicher Klarheit eine wichtige Frage beantwortet: Kann ein bewusstloser Mensch gegen seinen vorab zweifelsfrei erklärten Willen ärztlich behandelt werden? Deutschlands oberste Richter sagen Nein. Das gilt auch für lebensverlängernde Maßnahmen wie die künstliche Ernährung bei Komapatienten. Kein Mensch muss leben um jeden Preis, auch nicht in einem jahrelangen Wachkoma. Mit dieser Entscheidung wurde nicht nur ein Rechtsanwalt vom Vorwurf des versuchten Totschlags befreit, weil er Angehörigen geraten hatte, den Magensondenschlauch einer Komapatientin zu durchtrennen. Das Urteil des BGH schafft grundsätzlich mehr Sicherheit für notwendige Entscheidungen im Grenzbereich zwischen Leben und Tod. Die Angst, in einem hilflosen Zustand die Kontrolle über das eigene Leben und Sterben zu verlieren, treibt viele Menschen um. Wenn ihnen diese Angst genommen und sie nicht fragwürdigen Sterbehelferorganisationen in die Arme getrieben werden sollen, dann müssen sie sich darauf verlassen können, dass ihr erklärter Wille gilt. Erst recht dann, wenn sie ihn selbst nicht mehr aktuell äußern können. Gerade für solche Zustände werden Patientenverfügungen ja verfasst. Im Alltag von Kliniken und Pflegeheimen werden solche Verfügungen schon längst von vertrauensvoll miteinander umgehenden Ärzten und Angehörigen umgesetzt. Nur geschieht dieses verantwortungsvolle Handeln ohne Öffentlichkeit. Das gesellschaftliche Bild prägen deshalb die strittigen Fälle, wo Mediziner und Angehörige über den Willen des Betroffenen streiten oder ihn schlicht ignorieren. In diesen Fällen können Ärzte, Pfleger und Angehörige sich nun beim Abbruch lebensverlängernder Maßnahmen auf das Urteil des BGH stützen und den Willen des Betroffenen ohne juristische Zweifel umsetzen. Vorausgesetzt, dieser Wille ist klar geäußert worden. Eine Lockerung der verbotenen aktiven Sterbehilfe ist die BGH-Entscheidung jedoch keinesfalls. Lebensverlängernde Behandlungen wie Beatmung oder künstliche Ernährung zu beenden ist eine grundsätzlich andere Sache, als lebensmüden Menschen Zugang zu einem Giftcocktail zu verschaffen. Diese Tür bleibt auch mit der jüngsten BGH-Entscheidung fest verschlossen.
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