Lausitzer Rundschau: Jenseits der Mördergrube Vertriebenen-Präsidentin sorgt für neuen Eklat mit Polen
Cottbus (ots)
In Wladyslaw Bartoszewski, dem früheren polnischen Außenminister, hat sich Erika Steinbach - je nach Standpunkt - genau den richtigen oder aber den völlig falschen Gegner ausgesucht. Am Ziel vorbei schießt die Vertriebenenpräsidentin, wenn man die Lebensleistung des 88-Jährigen ins Visier nimmt. Wie kein Zweiter hat sich Bartoszewski um die Aussöhnung zwischen Deutschen und Polen verdient gemacht. Obwohl die Nazis ihn ins KZ Auschwitz sperrten, suchte der tief gläubige Katholik nach dem Krieg immer wieder Mittel und Wege, um mit den Feinden von einst ins Gespräch zu kommen. Charakterschwäche? Hans-Dietrich Genscher und Richard von Weizsäcker singen nicht von ungefähr Loblieder auf Bartoszewski. Gerade das Leid der Vertriebenen hat der polnische Patriot früh thematisiert. Umso enttäuschter war Bartoszewski, als Steinbach und andere BdV-Funktionäre die Geschichte in ein diffuses Licht zu rücken versuchten. Die Ur-Schuld der Nazis an den Leiden der Kriegs- und Nachkriegszeit drohte darin seiner Meinung nach zu verblassen. Über Steinbachs Ambitionen, in den Stiftungsrat für das Berliner Vertriebenenzentrum einzuziehen, ärgerte sich Bartoszewski maßlos. Und polterte, die BdV-Präsidentin betreibe nichts anderes als mancher Holocaust-Leugner. Das ging viel zu weit, und so gibt der alte Mann im Warschauer Außenministerium eben doch eine geeignete Zielscheibe für die Schüsse von der rechten Flanke ab.
Steinbach hat sich nach dem jüngsten Weltkriegs-Eklat offenkundig dazu entschlossen, aus ihrem Herzen nicht länger eine Mördergrube zu machen. Die ganze versöhnlerische Richtung, die Bartoszewski auf polnischer und Männer wie Genscher und Weizsäcker auf deutscher Seite repräsentieren, hat ihr noch nie so recht gepasst. Steinbach hofft nun womöglich darauf, dass ein Querschläger ihrer Salven die liberalen Geister in der Bundesregierung trifft - allen voran Guido Westerwelle, aber auch Angela Merkel. Wahrscheinlicher ist, dass die Vertriebenenpräsidentin den Rückstoßimpuls ihrer Waffen unterschätzt.
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