Lausitzer Rundschau: Wie es sich hier lebt Der Einheits-Bericht und die ostdeutsche Realität
Cottbus (ots)
Die Freude von damals ist nicht vergessen. Auch nicht, dass der Fall der Berliner Mauer Weltgeschichte geschrieben und die Revolution friedlich vonstattengegangen ist. Aber: All das ist inzwischen so sehr Vergangenheit, dass eine ganze Generation den Zusammenbruch eines Weltsystems nur noch aus den Geschichtsbüchern kennt. Sie beurteilt nicht, was vor mehr als zwei Jahrzehnten war, sondern wie es sich hier und heute in Brandenburg oder Sachsen lebt. Ob es Arbeit gibt, ob die Kinder versorgt sind und ihre Ausbildung gesichert ist. Ob es Mutter und Vater als Rentner gut geht. Ob Städte und Gemeinden, die Heimat, lebenswert sind. Die Antworten fallen genauso differenziert aus, wie es der jüngste Einheits-Bericht von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich widerspiegelt. Wenn der CSU-Politiker von einer insgesamt positiven Bilanz spricht, dann ist das mit Rückblick auf das Erbe der DDR durchaus nachvollziehbar. Es lässt sich heute in der Mehrzahl der mit Milliarden-Unterstützung des Bundes umgebauten und modernisierten Städte und Dörfer der Lausitz besser leben als in so manchen Teilen des Ruhrgebietes. Wer näher hinschaut, kann die Forderung "Aufbau West statt Ausbau Ost" sogar nachvollziehen. Dass Minister Friedrich dennoch nicht am Solidarpakt II bis 2019 rütteln lässt, hat aber genauso gute Gründe: Der Osten hinkt dem Westen wirtschaftlich immer noch meilenweit hinterher. Das Bruttoinlandsprodukt je Einwohner erreicht etwa 73 Prozent des Westniveaus. Und was beinahe noch schlimmer ist, der Abstand hat sich innerhalb eines Jahres kaum verändert. Hierzu kommt, dass die Arbeitslosigkeit zwar den niedrigsten Stand seit der Wende erreicht hat. Dennoch liegt sie prozentual fast doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern. Nicht zuletzt müssen hierzulande mit durchschnittlich 15 Prozent weniger Einkommen als im Westen nahezu gleiche Lebenshaltungskosten beglichen werden. Ob diese Unterschiede, die für junge Leute über das Bleiben oder Weggehen entscheiden, bis 2019 ausgeglichen sind, mag angezweifelt werden. Wichtiger ist jedoch, dass endlich dort kontinuierlich gefördert wird, wo Nachhaltigkeit nicht nur zu erwarten, sondern beinahe garantiert ist: Investition in Köpfe statt in Beton. Spätestens jetzt müssen Bildung, Forschung und Innovation ins Zentrum der Mittelvergabe für den Aufbau Ost rücken. Erkannt ist das lange. Gekürzte Hochschuletats sprechen jedoch eine andere Sprache. Hier ist an der Prioritätensetzung der Ostländer zu zweifeln. Gezielt einzusetzende Solidarpakt-Millionen liegen jedoch in der Hand des Bundes.
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