Lausitzer Rundschau: Reintegration der Reichen Zur europaweiten Debatte um Vermögenssteuern
Cottbus (ots)
Geld verdienen zu können, auch viel Geld, ist Ansporn und Ausdruck der Leistungsgesellschaft. Eine ungleiche Vermögensverteilung gehört daher zu unserem Wirtschaftssystem. Das aber, was sich in den vergangenen Jahren getan hat, auch in Deutschland, ist die Pervertierung des Leistungsgedankens und macht die Gesellschaften kaputt. Nach einer gerade veröffentlichen Studie haben die Superreichen dieser Welt ein Finanzvermögen von 21 bis 32 Billionen Dollar in Steueroasen gebunkert - vier Mal mehr als die Wirtschaftskraft Deutschlands. Das System ist in eine gefährliche Schieflage geraten. Griechenlands, Spaniens und Italiens Reiche verfügen über ein Privatvermögen, das locker das Vier- bis Fünffache der Schulden dieser Länder ausmacht. Freilich verfügen nur die oberen zehn Prozent über dieses Vermögen. Das fällt in dem Moment auf und wird zum echten Problem, wenn die Staatsschuldenkrise das Leben für die anderen 90 Prozent ruiniert. Und wenn es ausgerechnet das Geld auch dieser Reichen ist, mit dem noch gegen diese Staaten gepokert wird. Die Politik hat in der Vergangenheit schwere Fehler gemacht. In einigen Ländern wie Griechenland wurden die Reichen praktisch gar nicht besteuert. In anderen, darunter Deutschland, nur mäßig. Die Last der Gesellschaft trägt immer mehr der produktive, arbeitende Teil der Gesellschaft, tragen übrigens auch die Unternehmer. Man hat die wachsende Kluft geradezu provoziert. Auch international. Die Finanzspekulation wurde gefördert. Ganze Staaten, siehe die Schweiz oder Großbritannien, setzen darauf. Nun kommen plötzlich Worte wie Vermögenssteuer, Zwangsanleihe, Erbschaftssteuer und Bankenabgabe in Mode. SPD, Grüne und Linke werden mit solchen Rezepten ihren Bundestagswahlkampf bestreiten, Francois Hollande hat es mit Erfolg schon getan. Noch versuchen die konservativen Parteien überall in Europa, auch in Deutschland, gegen diese Forderungen die Mittelschicht zu mobilisieren, die um ihre bescheidenen Werte fürchtet. Doch irgendwann wird auch dieser Schicht klar werden, dass es, sofern die Freibeträge stimmen, gar nicht um sie geht. Dass im Gegenteil sie ebenfalls das Opfer der Entwicklung ist. Die Fehler der neoliberalen Vergangenheit müssen korrigiert werden. Aber nicht mit Schaum vor dem Mund, nicht mit Klassenkampf von unten. Sondern mit Augenmaß und Systematik. Es geht um die Reintegration der Reichen in die Bürgergesellschaft. Nicht um ihre Vertreibung. Es geht um die Wiederherstellung gesellschaftlicher Balance. Diese Ziele sollten die Konservativen nicht den Linken überlassen.
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