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Lausitzer Rundschau: Der Patriarchen-Staat - Putins Verständnis von Staatsmacht macht das Miteinander schwer

Cottbus (ots)

Deutschland und Russland, das ist eine sehr alte Geschichte, die die beiden größten Völker Europas vereint - aber auch immer wieder voneinander trennt. Nur eins ging nie - und das sei allem anderen vorausgesetzt: Deutschland und Russland können und dürfen sich nicht gleichgültig sein. Putins Besuch auf der größten Industrieschau der Welt kommt zu einem Zeitpunkt, da die Beziehungen zwischen beiden Ländern belastet sind. Die Razzien gegen deutsche Stiftungen in Russland werden aus deutscher Sicht zu Recht als Drangsalierung empfunden. Aber auch russische Einrichtungen, die aus dem Ausland Geld bekommen, haben es im Lande Putins im Moment nicht leicht. Sie müssen sich als "ausländische Agenten" registrieren lassen. Das klingt nicht nach einem freiheitlichen Klima, in dem Demokratie gedeiht. Putin behauptete in einem ARD-Interview glatt und kalt, niemand werde eingeschüchtert und überhaupt: "Man muss die Menschen nicht einschüchtern." Es fällt nicht schwer, dem Kremlchef zuzustimmen. Natürlich muss "man" das nicht, aber "man" kann es. Vor allem dann, wenn sich die Staatsmacht nicht als Beauftragte eines mündigen Volkes, sondern als allwissendes und patriarchisches Instrument begreift. Genau so definiert sich zurzeit der russische Staat - als eine Art Garant der patriotischen Erziehung, der dem halbmündigen Volk den Weg in die hoffnungsvolle Zukunft eines großen Russlands weist. Der Bevormundungs-Staat macht sich aber nicht nur bei Stiftungen und Nichtregierungsorganisationen bemerkbar, sondern auch im Wirtschaftsbereich. Schon ist die Rede von einem Rückfall in die Staatswirtschaft - sowohl in russischen als auch in deutschen Kreisen. Die staatlichen Eingriffe machen die russische Wirtschaft zunehmend bürokratisch und zugleich korruptionsanfällig, der Aufbau eines gesunden und innovativen Mittelstandes wird durch die schleichende Beschneidung der Freiheit verhindert. In einem Korruptions-Ranking von Transparency International steht Russland inzwischen sehr weit hinten - auf einer Stufe mit Ländern wie dem Iran und Honduras. Trotz allem bringt Putin schöne Zahlen mit nach Deutschland und auf die Hannover-Messe. Die Wirtschaft des Landes wächst, die Arbeitslosigkeit ist niedrig, der Staatshaushalt ausgeglichen. Auch die Wirtschaftsbeziehungen zwischen Deutschland und Russland lassen sich gut darstellen. Im vergangenen Jahr wurden Waren im Wert von 80,5 Milliarden Euro gehandelt - das sind 6,9 Prozent mehr als im Vorjahr. Doch diese Werte dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass Demokratieschwund, Rückverstaatlichungen von Konzernen, Bürokratismus, Kapitalflucht und Korruption in Russland auf längere Sicht nicht nur freundschaftliche Beziehungen erkalten lassen, sondern auch potenzielle Investoren und Partner abschrecken. Es ist also nicht "nur" der rüde Umgang mit Stiftungen, über den Merkel und Putin zu reden haben.

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