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Lausitzer Rundschau: Bayerisches Amtsgericht Zur Verschiebung des NSU-Prozesses

Cottbus (ots)

Es ist wie mit dem berühmten Stuhlbeinkürzen: Sägt man an dem einen Bein, dann sind bald die anderen zu hoch, der Stuhl steht schief. Also muss man wieder ran und sägt immer weiter, mal hier, mal da. Bis man schließlich ganz unten ist und auf seinem Hosenboden sitzt. Da genau ist nun auch das Oberlandesgericht München mit dem NSU-Prozess angelangt. Die erste Fehlentscheidung, die Zufallsauswahl der Presseberichterstatter nach dem Windhundprinzip, hat alle anderen nach sich gezogen. Hat den Sturm der Entrüstung entfacht, vor allem im Ausland, und die Proteste der Politiker. Hat die Verfassungsklage türkischer Medien provoziert und das Urteil der Karlsruher Richter gegen deren Münchener Kollegen erwirkt. Die gestrige Verschiebung ist nun das ultimative Bekenntnis eines Fehlstarts wegen bodenloser Dusseligkeit. Aber offenbar war es das noch nicht, offenbar will das Gericht - noch ist ein Rest Stuhlbein zu sehen - die Lage verschlimmbessern, indem es die ganze Presseliste wieder auf Null setzt. Dabei hatte das Bundesverfassungsgericht auch viel einfachere Lösungen möglich gemacht, zum Beispiel die Nachakkreditierung von drei ausländischen Medien. Auch die Videoübertragung in einen Nebensaal wäre ein Ausweg. Alles zurückzudrehen aber, das wird ein neues Kuddelmuddel ergeben. Neuen Ärger ohne Ende, Schadenersatzklagen inklusive. Denn es gibt Medien, die schon mit hohen Kosten in Vorleistung gegangen sind, und freie Journalisten, die bereits Verträge geschlossen haben, nachdem sie das Glückslos gezogen hatten. Und was ist mit dem finanziellen Aufwand der Opfer-Angehörigen? Von ihrem emotionalen Aufwand, den ihnen niemand ersetzt, nicht zu reden. Schlimmer hätte sich die deutsche Justiz, die in diesem Fall unter den Augen der Welt agiert, nicht präsentieren können. Sie sollte, ja musste bei diesem Verfahren zeigen, dass all die Peinlichkeiten von zehn Jahren Ermittlungspannen ein Unfall des deutschen Rechtsstaates waren, eine Ausnahme. Dass dieser Rechtsstaat ansonsten fair, gerecht und vor allem professionell agiert. Stattdessen ist es, als berate wieder das Königlich Bayerische Amtsgericht, irgendwo da hinter dem Wald. Stattdessen erweisen sich der Richter, die Pressestelle des Gerichts und alle, die in der Landes-Justizverwaltung und auch politisch über ihnen stehen - ja, auch die - als Totalausfälle in Sachen Sensibilität, Sorgsamkeit und Konzentration. Man sollte schon mal Schnupftabak ausreichen in München.

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Fax: 0355/481275
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