Lausitzer Rundschau: Masse ist nicht gleich Klasse Brandenburg braucht Kabinettsumbildung - und weniger Platzeck
Cottbus (ots)
Es ist eine Ämterhäufung, die auf Dauer nicht gut gehen kann. SPD-Landesvorsitzender, Vorsitzender des Aufsichtsrates der Flughafengesellschaft, Ministerpräsident des Landes Brandenburg. Matthias Platzeck ist überall und nirgends: auf dem Deich, der Flughafenbaustelle, im Landtag, in der Staatskanzlei. Doch Masse ist nicht gleich Klasse. Ein einzelner Mensch kann nicht alles alleine machen, er kann nicht überall präsent sein, und das in durchgehend guter Qualität. Kontrollfreaks scheitern irgendwann im Leben. Das gilt auch für Matthias Platzeck, dessen Körper nun den längst erforderlichen Warnschuss sandte. Den zweiten Warnschuss, nach den Hörstürzen vor sieben Jahren. Um es ganz klar zu sagen: Das Land Brandenburg braucht keinen Ministerpräsidenten, der beim Hochwasser noch möglichst jeden Sandsack persönlich zusammenbindet. Es braucht einen Ministerpräsidenten, der die Wähler durch die Ergebnisse seiner Arbeit überzeugt. Durch wirtschaftlichen Aufschwung, einen fertigen Flughafen und ein hohes Niveau in Bildung, innerer Sicherheit und Sozialpolitik. Zumal die Rolle des Deichgrafen eigentlich nicht dem Ministerpräsidenten, sondern dem Umweltminister zukommt. So jedenfalls war es 1997, als Platzeck zum ersten Mal mit dem Hochwasser kämpfte. Doch die derzeitige Amtsinhaberin, Umweltministerin Anita Tack (Linke), hat bei diesem Hochwasser versagt. Wer erst von einer defekten Talsperre berichtet und bei der Bilanzpressekonferenz dann als Ressortleiterin so wenig souverän ist, dass sie nur dank der Hilfe ihrer Kollegen überhaupt den Termin meistert, gehört schleunigst ausgetauscht. In Brandenburg jedenfalls ist die Zeit reif für eine Kabinettsumbildung. Denn will der gesundheitlich angeschlagene Ministerpräsident tatsächlich die Zeit bis zur Landtagswahl durchstehen, kann er sich in seinem Team keine Schwachstellen mehr leisten. Dagegen sind Innenminister Dietmar Woidke und Sozialminister Günter Baaske schon immer Aktivposten, auf die Platzeck sich verlassen kann. Ihre Bedeutung dürfte auch im Wahlkampf steigen - wenn sich die Brandenburger SPD nicht an das alte Motto "Wenns am Schönsten ist, dann soll man aufhören" erinnert, und einen der beiden gleich zum Spitzenkandidaten macht. Sicher, das wäre mutig. Aber man würde mit einer der letzten SPD-Bastionen im Osten spielen. Für Parteistrategen nahezu undenkbar - wenn Platzeck nicht selbst die Reißleine zieht. Es bleibt die Frage, ob es jetzt nicht dennoch ein günstiger Zeitpunkt ist, auf den Warnschuss seines Körpers zu hören.
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