Lausitzer Rundschau: Vorsicht ist geboten Zum Plagiatsvorwurf gegen Bundestagspräsident Lammert
Cottbus (ots)
Der Nächste, bitte! Jetzt hat der Plagiatsvorwurf also Norbert Lammert erwischt. Ausgerechnet ihn, der in den vergangenen Jahren integer sein Amt als Bundestagspräsident ausgeübt hat. Doch Vorsicht: Bewiesen ist noch nichts, die Vorwürfe werden zudem wieder einmal anonym erhoben. Und wie bei Annette Schavan stellt sich die Frage, ob es nach rund 40 Jahren überhaupt noch legitim ist, mögliche Fehler in einer wissenschaftlichen Arbeit gleich als Plagiate abzustempeln. Die Qualitätsstandards beim Zitieren und Verwenden von fremden Textpassagen mögen sich in vier Jahrzehnten nicht verändert haben. Die technischen Möglichkeiten, die Struktur, der Aufbau einer Arbeit auch dank des Internets aber schon. Das eine kann man vom anderen eigentlich nicht trennen. Womit der vermeintliche Fall Lammert auch im krassen Gegensatz zum Fall des geschassten Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg steht: Der Freiherr hat mit großer Dreistigkeit schlichtweg kopiert (oder eventuell kopieren lassen) und sich so seinen Doktortitel erschlichen. Davon kann bei Norbert Lammert keine Rede sein. Außerdem muss ihm erst einmal Täuschungsabsicht nachgewiesen werden, was den universitären Experten schon im ähnlich komplizierten Fall Schavan schwer gefallen ist. Wirklich ersichtlich ist ein solcher Vorsatz aus den bisher erhobenen Vorwürfen noch nicht. Insofern handelt der Bundestagspräsident jetzt völlig richtig, wenn er die Angelegenheit in die Hände der zuständigen Universität übergibt. Sie hat nun die Aufgabe einer seriösen Prüfung, an deren Ende sich zeigen wird, ob es Lammert womöglich so ergeht wie Schavan. So lange tun Politik und Medien gut daran, sich mit Vorverurteilungen zurückzuhalten. In Wahlkampfzeiten allemal.
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