Lausitzer Rundschau: Zeit zum Handeln Der Fall Hoeneß und die Politik
Cottbus (ots)
Die landläufige Meinung, wonach man die Kleinen fängt und die Großen laufen lässt, wird mit der Anklageerhebung gegen Uli Hoeneß einmal mehr widerlegt. Jetzt steht der Bayern-Präsident in einer Reihe mit Ex-Postchef Zumwinkel (Steuerhinterziehung), Ex-Deutsche Bank-Chef Ackermann (Untreue) oder Ex-VW-Vorstand Hartz (Begünstigungen), die sich auch schon vor Gericht verantworten mussten. Das Verfahren gegen Hoeneß dürfte das Rechtsempfinden vieler Bürger stärken. Wobei das nicht der Grund sein kann, jemanden vor den Kadi zu zerren. Dafür müssen schon handfeste Verdachtsmomente im Hinblick auf kriminelle Handlungen vorliegen. Der Fall bewegt die Republik wie kaum ein anderer, weil der gute Mensch aus München mit dem vermeintlich großen Herzen seine sehr dunkle Seite in Sachen Steuerehrlichkeit gezeigt hat. Gerne hat der ehemalige Fußballer anderen eindringlich ins Gewissen geredet und sich zum Richter aufgespielt, im Verborgenen es aber mit der eigenen Gesetzestreue nicht sonderlich genau genommen. Zudem war der Spezi Hoeneß eng mit den Mächtigen in München und in Berlin verbandelt. Das ist er bis heute, was die Sache noch brisanter macht. Die Sensationsgier wird also groß sein, mit der der Prozess im kommenden Jahr begleitet werden wird. Anders als die großen Wirtschaftsunternehmen, die mit ihrer schützenden Hand über den Bayern-Präsidenten im Aufsichtsrat des Vereins der Bagatellisierung von Steuerhinterziehung Vorschub geleistet haben, ist aber die Politik der Amigo-Versuchung bisher weitgehend widerstanden. Angesichts der öffentlichen Folgediskussionen hätten Merkel, Seehofer und andere vermutlich sonst selber großen Schaden genommen. Der Fall hat darüber hinaus eine weitere politische Dimension: Hoeneß misslungene Selbstanzeige hat gezeigt, dass stärker und effizienter gegen Steuerhinterzieher vorgegangen werden muss. Den Handlungsbedarf hat im Wahlkampf jeder quittiert. Die einen etwas lauter, die anderen etwas zaghafter. Steuerschlupflöcher schließen, strengere Strafen für Banken, die Steuerflucht zum Geschäftsmodell gemacht haben, Einschränkungen für multinationale Konzerne, ihre Gewinne dorthin zu verschieben, wo sie am wenigsten Steuern bezahlen - das sind einige richtige Forderungen der SPD an die deutsche Politik. Angela Merkel hat gleichzeitig auf internationaler Ebene Druck gemacht. Erinnert sei an das im September auf dem G20-Gipfel in St. Petersburg beschlossene Maßnahmenpaket gegen Steuerflucht und Steuerhinterziehung. Jetzt müssen Union und SPD bei ihren Koalitionsverhandlungen konkret werden, zum einen, was an Initiativen national umgesetzt werden soll, zum anderen, was international weiter zu forcieren ist. Erst dann hat der Fall Hoeneß in seinen Konsequenzen auch für die Allgemeinheit wirklich etwas Gutes.
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