Lausitzer Rundschau: Im Umgang mit dem Rechtsextremismus braucht es klare Grenzen Wehrhafte Toleranz
Cottbus (ots)
Toleranz klingt weich. Nach Gutmensch. Und dieser Begriff wiederum verheißt im täglichen Sprachgebrauch nicht wirklich etwas Gutes. Assoziationen wie schwammig und naiv stellen sich ein. Tatsächlich bedeutet Toleranz etwas ganz anderes: Es ist die Stärke, etwas zuzulassen, was bislang unbekannt war. Abenteurer brauchen sie dringender als das Taschenmesser, aber auch der Weise bliebe dumm ohne sie. Der Gegentyp ist der Verblendete und Verbohrte. Neonazis zum Beispiel bilden sich ein, genau zu wissen, wo es lang geht. In Cottbus kamen die NPD-Jünger am Wochenende ganze zwei Straßenzüge weit, dann mussten sie wieder umkehren, weil das Bündnis "Cottbus bekennt Farbe" mehr nicht zuließ. Das Weltbild der Neonazis ist einfach gestrickt und erlaubt keine Entwicklung. Für Toleranz - kein Platz. Denn Toleranz macht Türen auf für neue Gedanken. Neue Gedanken befremden und wer Fremdes fürchtet, sperrt Ungewohntes instinktiv aus. Intoleranz ist das primitive Selbsterhaltungswerkzeug des Ignoranten, der sich seiner Sache deshalb so sicher ist, weil er alles, das dieser Sache widerspricht, ausblendet. Das wiederum macht eine persönliche Entwicklung unmöglich, was die starre Festigkeit rechtsextremen Gedankenguts erklärt. Doch muss Toleranz nicht allumfassend sein und auch jene akzeptieren, die sich in starren und lebensfeindlichen Weltbildern verfangen haben? Nein, denn Toleranz darf nicht verwechselt werden mit Akzeptanz oder übertriebenem Verständnis. Sie hat ihre Grenzen, die sie exakt dann erreicht, wenn sie auf extreme Ausformungen von Intoleranz stößt, wie sie zum Beispiel die NPD propagiert. Es spricht nichts gegen den Versuch, in der Diskussion die Denkbarrieren eines Extremisten zu durchstoßen, ihn dazu zu bringen, sein einfach gestricktes Weltbild zu hinterfragen. Sinn machen auch Milieustudien - politische Gewalttäter kommen häufig aus aggressiven Elternhäusern. Das ist interessant, darf aber nicht zu missverständlichen Signalen führen, die es Tätern erlauben, sich am Ende noch als Opfer zu sehen. Toleranz, das ist vor allem die Fähigkeit, Verhaltensweisen zu respektieren, die einem Selbst nicht eigen sind. Es ist die Befähigung, außerhalb gewohnter Muster zu denken. Doch Toleranz kann auch an sich selbst zugrunde gehen, wenn sie in der Akzeptanz totalitärer Denkfiguren mündet. Sie taugt nur, wenn sie wehrhaft bleibt. Um ihrer selbst willen endet sie dort, wo sie sich selbst schützen muss.
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