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Lausitzer Rundschau: Seine eigene Sicht Gauck hadert mit der Linken - das sollte er nicht tun

Cottbus (ots)

Joachim Gauck ist kein Freund der Linkspartei, das ist bekannt. Genauso wenig ist die Linke ein Anhänger des Präsidenten. Beides überrascht nicht, wenn man Gaucks ostdeutsche Biografie und die Entstehungsgeschichte der Linkspartei gegenüberstellt. Da wächst nichts mehr zusammen, weil nichts zusammen gehört. Insofern hat der Bundespräsident seine eigene Sicht auf die Linke. Die hat er jetzt formuliert. Nicht polternd. Sondern wie es seine Art ist: nachdenklich. Das macht Gaucks Anmerkungen aber nicht besser. Wer in der DDR aufgewachsen ist, wer das Unrecht in diesem Staat erlebt hat, der wird wahrscheinlich wirklich ein Problem damit haben, dass erstmals ein Politiker der Linken Ministerpräsident werden soll. Denn schaut man sich die Partei genauer an, so ist sie nun mal auch ein Sammelsurium von DDR-Nostalgikern und Altkadern, von enttäuschten Sozialisten, kommunistischen Klassenkämpfern und linker Militanz. Aus dieser Erkenntnis und seinen biografischen Erfahrungen speist sich Gaucks persönliche Abneigung. Die darf er haben, wie viele andere auch. Sie ist durchaus berechtigt. Doch als Präsident sollte er diesen Gemütszustand für sich behalten. Gauck muss überparteilich sein. Er darf Anstöße geben und sich auch in Debatten einmischen, aber bitteschön nicht parteipolitischen Einfluss nehmen wollen. Das ist die Grenze, die für die Hausherren im Schloss Bellevue schon immer gegolten hat. Auch wenn seine Worte auf den ersten Blick eher wie ein emotional geleitetes Geständnis wirken, so hat Gauck doch diese Linie überschritten. Ob gewollt oder nicht, mischt er sich sogar in die Regierungsbildung in Thüringen ein. Denn dort läuft zurzeit eine Mitgliederbefragung der SPD. Die Sozialdemokraten im Freistaat sollen entscheiden, ob sie die Aufnahme von Koalitionsverhandlungen und damit eine Regierung mit Linke und Grüne befürworten. Was soll der gemeine thüringische Sozialdemokrat nun also davon halten, wenn sich ausgerechnet jetzt der Bundespräsident ablehnend zu Wort meldet? Wer es besonders böse meint mit Gauck, der könnte ihm sogar unterschieben, er stelle den demokratischen Prozess infrage, durch den der Linke Bodo Ramelow vermutlich Regierungschef wird. Das ist das besonders heikle an Gaucks Anmerkungen. Je länger er im Amt ist, desto häufiger scheint Joachim Gauck sich und seine Rolle zu überschätzen. Zuletzt klang er bei der Bewertung des Ukraine-Konfliktes martialischer als jeder Tagespolitiker. Und in Fragen der Sicherheit lässt Gauck inzwischen fast keine Gelegenheit aus, darauf hinzuweisen, dass Deutschland mehr Verantwortung in der Welt übernehmen muss. Unter Umständen militärisch. Klare Worte eines Präsidenten sind wichtig. Genauso wichtig ist, dass er sie vorher besonders überlegt. Den Eindruck hat man derzeit bei Gauck bisweilen nicht.

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