Lausitzer Rundschau: Kein Rat, nirgends Zur Lage der SPD und ihres Vorsitzenden Sigmar Gabriel
Cottbus (ots)
Die SPD ist in der Politik das, was Borussia Dortmund in der Fußball-Bundesligasaison 2014/15 war: Ganz hoher Anspruch, aber ganz nah am Abstieg. Da ist die Häme dann besonders groß. Bei der SPD kommt noch hinzu, dass sie nicht nur von denen kommt, die sie schon immer nicht leiden konnten, sondern viel schärfer noch von enttäuschten Verehrern, und das sind viele Intellektuelle und Medienschaffende nun mal. Dabei muss, wer ehrlich ist, gerade jetzt auf die Frage, was er der SPD denn Durchschlagendes raten würde, mit "passe" antworten. Ansonsten kommt Kleinkram heraus, Vermögenssteuer, kein TTIP und so was. Manchmal auch der Vorschlag Rot-Rot-Grün zu machen oder eine Ampel oder lieber Erholung in der Opposition. Und immer: Den Chef austauschen. Würde sich die SPD nach all dem richten, wäre sie schon lange so tot, wie sie gerade geschrieben wird. Fakt ist: Die SPD hat früher Fehler gemacht, etwa bei den Agenda-Reformen. Aber doch nicht so substanzielle, als dass sie alles erklären würden. Diese Reformen haben außerdem viele Arbeitsplätze gebracht. Fakt ist auch: Die SPD hat gerade in den vergangenen Jahren so gut wie alles richtig gemacht, hat Reformfehler korrigiert, ist wieder sozialer geworden und bei all dem sogar geschlossen geblieben. Nein, eine wirkliche Erklärung ist in der Politik der Partei nicht zu finden. Auch nicht in ihrem Personal, wo es Highlights wie Steinmeier gibt. Gabriel ist zwar sprunghaft, aber seit wann ist das schlimmer als das Merkelsche Abwarten? Außerdem hatte die Partei lange keine so identitätsstiftende Seele als Chef wie ihn. Vielleicht muss man sich einfach an den Gedanken gewöhnen, dass die Zeit der 40-Prozent-Plus-X-Volksparteien vorbei ist, und bald auch die der 30-Prozent-Plus-X-Parteien. Nicht nur für die SPD, auch für die CDU, bei der Angela Merkel diesen Prozess lange überdecken konnte. Die SPD hat schon zwei Konkurrenzorganisationen neben sich, Grüne und Linke. Die CDU mit der AfD nun auch eine. Vielleicht müssen die Volksparteien in Deutschland, von regionalen Ausnahmen abgesehen, einfach akzeptieren lernen, dass 20 plus X auch schon was ist und die gute, alte Zeit nicht wiederkommt. Die Milieus zerfasern, die ideologischen Bindungen verschwinden, die Leute denken gruppenbezogen und kurzfristig. Eine Stimmungsdemokratie. Übrigens, nun doch ein Rat an die SPD: Gerade wenn es so ist, kommt es darauf an, mit dem besten Personal anzutreten, das man hat.
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