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Lausitzer Rundschau: Zur Armenien-Resolution und Deutschlands Verhältnis zur Türkei
Bekennertum und seine Folgen

Cottbus (ots)

Die Armenien-Resolution war Bekennertum am falschen Objekt. Frei nach dem Motto: Am deutschen Wesen soll die Welt genesen; so vorbildlich wie wir müssen auch andere mit ihrer Geschichte umgehen. Nein, das müssen sie nicht, da hat jeder seinen eigenen Weg und braucht seine eigene Zeit. In dieser Angelegenheit musste eine solche Haltung besonders viel Verdruss bringen, vor allem die Einstufung der Massaker mit dem rechtlich bedeutungsschweren Begriff "Völkermord". Weder lockerte diese Feststellung die historische Debatte in der Türkei, im Gegenteil, sie verhärtete sich. Noch brachte sie durch die starke Parteinahme für eine Seite das türkisch-armenische Verhältnis voran, also die gemeinsame Aufarbeitung. Nicht einmal der Zeitpunkt, 101 Jahre später, war gut gewählt. 2016 ist nun mal nicht das Erinnerungsjahr. Aber die Bundesregierung ist in Schwierigkeiten, und sie dahin zu bringen, das war außer politischer Blauäugigkeit bei einigen auch ein Motiv der Aktion. Nun kann man über den Eiertanz Merkels und Steinmeiers genussvoll spotten, das ist in der Tat nicht besonders elegant. Aber eine verantwortliche Regierung, die etwas für ihr Volk erreichen will, kann sich Bekennertum an den falschen Stellen nicht leisten. Sie muss diplomatische Brücken bauen und erhalten. Das war schon immer so, man denke nur an Verrenkungen wie die im internationalen Geschäft gebräuchliche Formel "Wir sind uns einig, dass wir nicht einig sind", die es ermöglicht, noch weiterzureden, obwohl man sich hasst. Oder an die Anerkennung der DDR durch die Bundesrepublik bei gleichzeitiger Nicht-Anerkennung einer eigenen DDR-Staatsangehörigkeit. Daran gemessen ist die verbale, im Übrigen juristisch auch noch banale Klarstellung der Bundesregierung, die Armenien-Resolution sei eine Meinungsäußerung des Parlaments und für sie rechtlich nicht bindend, eine Petitesse. Der Bundestag hätte von Anfang an die Finger von der Sache lassen sollen. Zumal als Nachfolgeparlament eines Landes, das selbst Völkermord genug begangen hat und sich hier nicht als Lautester melden sollte. Er hätte, wenn überhaupt, einen versöhnlichen, helfenden Beschluss fällen sollen. Aufforderungen zur Aussöhnung, Angebote zur Hilfe bei der Aufarbeitung. So etwas. Es gibt in Bezug auf die Türkei viele andere Punkte, wo mutiger Klartext jetzt tatsächlich wichtig wäre. Wo der Bundestag die Regierung wirklich zwingen muss, gegenüber Ankara nicht klein beizugeben. Dazu gehört ganz sicher, dass es keinen Rabatt geben darf bei Visafreiheit und EU-Beitritt. Nicht so lange auch nur ein unschuldiger Oppositioneller, Journalist oder Wissenschaftler ohne faires Verfahren als so genannter Gülen-Verschwörer in türkischen Gefängnissen schmort.

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