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Lausitzer Rundschau: Die Deutschen sind reformbereiter als geglaubt

Cottbus (ots)

Bis in den letzten Winkel der Republik hat sich
inzwischen herumgesprochen, dass dieses Land umgekrempelt werden
muss. Deutschland braucht Reformen - und die Deutschen sind laut
einer Umfrage von Allensbach reformfreudiger als viele Politiker
glauben. Gut zu wissen, trotzdem bleibt die Frage, was die Politik
aus der eigentlich ja nicht neuen Erkenntnis macht? Wie schon so oft,
wird sie auch diese Chance vermutlich kaum nutzen. Nicht erst seit
Gerhard Schröder Bundeskanzler ist, liegen die Probleme des
Arbeitsmarktes, im Bereich der Gesundheit oder bei der Rente wie
düstere Wolken über dem Land. Vieles von dem, was heute dringender
denn je reformiert werden muss, hätte auch schon in der Ära Kohl oder
gar davor angepackt werden müssen. Ist es aber nicht, weil die
Systeme irgendwie funktioniert haben. Und wenn doch zugelangt wurde,
dann ging den "Jahrhundertreformen" in der Regel schnell wieder die
Luft aus. Die Politik krankt nun mal seit Jahren daran, dass
Stückwerk Methode geworden ist. Mag sein, dass große Gesamtkonzepte,
der "große Wurf" wegen der zunehmenden Komplexität der Themen nicht
mehr möglich sind. In diesem Fall hat der Bürger aber zumindest ein
Anrecht auf verlässliche und vor allem klar erkennbare Linien. Gibt
es solche? Im Dickicht der Reformgefechte sind sie sowohl bei der
Regierung als auch bei der Opposition momentan nur äußerst schwer zu
erkennen. Stattdessen erleben die Deutschen in diesen Wochen quälende
Endlosdebatten, in denen Kommissionäre und Politiker heute das,
morgen dies zum Maß aller Dinge erheben und damit für Verunsicherung
sorgen; in denen jeder einzelne Aspekt und jede Interessenlage von
vorn und von hinten beleuchtet wird. In diesem Land fehlt ohne
Zweifel die Entscheidungsfähigkeit. Insofern ist es verwunderlich,
dass bei den Bürgern aus Reformlust noch nicht wieder Reformfrust
geworden ist. Das ist aber auch erklärbar. Es ist nicht die Freude an
der Modernisierung, die die Deutschen umtreibt. Im Gegenteil, mehr
Eigenverantwortung macht sie eher ängstlicher als zuversichtlicher.
Gerade im Osten, wo die Probleme noch dramatischer sind und soziale
Einschnitte folglich als weitaus existenzbedrohender empfunden
werden. Die tägliche Konfrontation mit der andauernden
Reformdiskussion hat jedoch das gesellschaftliche Reformklima positiv
verändert - und zu Recht Erwartungen in Richtung Aufbruch geweckt.
Deswegen ist es nicht überraschend, dass die Deutschen laut
Allensbach mehrheitlich ihre Reformhoffnungen mit der Bundesregierung
verbinden. Seit Kanzler Schröder die Agenda 2010 kreiert hat, gilt
dieses eher schwammige denn konkrete Werk logischerweise als Motor
der Veränderungen. Noch ist Rot-Grün aber lamentierend die Umsetzung
in weiten Teilen schuldig geblieben. Nur: Erfolge müssen fix her,
denn sonst wird die Reformbereitschaft der Deutschen so schnell
wieder verpuffen wie damals der präsidiale Ruck, den Roman Herzog
durch Deutschland sandte. Dem Land täte das nicht gut.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau

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