Lausitzer Rundschau: Die Bundeswehr wird radikal umgebaut
Cottbus (ots)
Spätestens seit gestern ist die Bundeswehr im Anflug auf die harte Realität. Anders als Rudolf Scharping möchte Verteidigungsminister Peter Struck nicht als Märchenonkel in die Geschichte eingehen. Sein Kurs für die Truppe macht dann auch Schluss mit den Wolkenkuckucksheimen seines Vorgängers. Scharping hatte den Glauben genährt, die kostspieligen Rüstungsvorhaben und den Umbau der Armee mit Liegenschaftsverkäufen und Privatiserungen finanzieren zu können. Doch dieser Schuss ging nach hinten los. Zwischen Wunsch und Wirklichkeit klaffen stolze 26 Milliarden Euro, von denen sich Struck nun verabschiedet hat. Die Konsequenzen seines Sparkonzepts sind von historischer Tragweite. Nicht nur, dass den Teilstreitkräften tiefe Einschnitte bei der Rüstungsplanung bevorstehen und weitere Standortschließungen den Kommunen das Leben erschweren. Die Bundeswehr insgesamt muss sich von ihrem Erscheinungsbild einer klassischen Verteidigungsarmee verabschieden. Spätestens an dieser Stelle wird klar, dass sich die revolutionären Umwälzungen nicht nur aus dem Diktat der knappen Kassen speisen. Deutschland werde auch am Hindukusch verteidigt. Diese provokative Formulierung prägte Struck schon im vergangenen Frühjahr. Sie kennzeichnet auf einprägsame Weise, dass die Truppe seit dem Ende des Ost-West-Konflikts unwiderruflich auf neuen Wegen marschiert. Die Bedrohung durch den internationalen Terror, aber auch regionale Konfliktherde, in denen terroristische Strukturen gedeihen, bilden den politischen Katalysator für den Umbau der Bundeswehr zu einer weltweit einsatzfähigen Interventionsarmee. Eine schlagkräftige Truppe für internationale Einsätze lässt die Heimatfront zwangsläufig in den Hintergrund treten. Schon in wenigen Monaten werden zehn weitere Staaten der EU beitreten. Damit zeigt sich einmal mehr, dass unser Land nur noch von Freunden umzingelt ist. Struck selbst hat daran auch nie einen Zweifel gelassen. Umso unverständlicher ist daher sein Festhalten an der Wehrpflicht. Schließlich geht der Zwangsdienst auf die Landesverteidigung zurück. Die neue Streitkkräfte-Struktur würde freilich auch ohne Rekruten funktionieren. Dafür hat Struck mit entsprechenden Vorgaben gesorgt. Wehrpflichtige haben in einer professionellen Armee realistischerweise auch keinen Platz. Das gegenteilige Plädoyer des Ministers ist deshalb eher ein Rückzugsgefecht - und ein Ausdruck dafür, wie schwer der politische Abschied von der alten Bundeswehr fällt.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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