Lausitzer Rundschau: Mit schwerem Säbel
Cottbus (ots)
Seit altersher neigt der Mensch zu Übertreibungen. Wenn das Gefühl vorherrscht, nicht verstanden zu werden, schleichen sich groteske Zuspitzungen in Worte, die gewechselt werden. So auch beim Streit um die Reformagenda der Bundesregierung, der bei den Massendemonstrationen in Berlin, Köln und Stuttgart seinen Ausdruck fand. Nun sind Demonstrationen keine rhetorischen Spaziergänge, sondern Protestveranstaltungen mit Drohcharakter, bei denen mit dem schwerem Säbel gefuchtelt wird. Das gehört zur Dramaturgie, schließlich will man Aufmerksamkeit erregen. Deshalb sollten die verbalen Attacken der außerparlamentarischen Opposition gegen die rot-grünen Reformer auch nicht auf die Goldwaage gelegt werden. Allerdings ist schon zu fragen, was sich Gewerkschaftsbosse dabei denken, wenn sie der Regierung sozialpolitischen "Amoklauf" und "Manchester-Kapitalismus" unterstellen. Um es klar zu sagen: Die Demonstrationen waren legitim und wohl auch notwendig, denn tatsächlich kann die soziale Schlagseite der Agenda 2010 nicht geleugnet werden. Allerdings stiege die Glaubwürdigkeit der Kritiker, wenn sie die Kirche im Dorf ließen. Wer die Einsicht negiert, dass das Sozialgefüge aus den Fugen geraten ist und repariert werden muss, setzt sich dem Verdacht aus, an einer echten Verbesserung des Systems nicht interessiert zu sein. Umgekehrt gilt aber auch: Wer zulässt, dass die Schere immer weiter auseinander klafft, gefährdet den sozialen Frieden.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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