Lausitzer Rundschau: Nahostkonflikt I
Cottbus (ots)
Abdelasis el Rantisi ist genau so gestorben, wie er es sich gewünscht hat. Doch ob seine Tötung wünschenswert war, ist eine Frage, über der sich die Geister scheiden. Rantisis Liquidierung ist aber auch eine vorhersehbare Konsequenz aus Ariel Scharons Rückzugsplan aus dem Gazastreifen: Bis zu dessen Verwirklichung Ende kommenden Jahres werden Israels Regierung und Armee mit allen Mitteln versuchen, eine Machtübernahme durch die Hamas zu verhindern. Eine kopflose Islamistenbewegung - die durch die Tötungen von Scheich Ahmed Jassin und Rantisi ohne charismatische Führung dasteht - ist nach Scharons Auffassung unfähig sowohl politisch auf Arafat Druck auszuüben als auch militärisch, also mittels Terror, Israel längerfristig auf bisherigem Niveau zu bekämpfen. Anderseits: Eine Widerstandsbewegung - und Hamas ist eine, die sich terroristischer Mittel bedient - konnte noch nie durch die Tötung ihrer Führung ausgeschaltet werden. Doch ohne Zweifel half Rantisis Ausschaltung Scharon auf seiner Suche nach einer Mehrheit für seinen Rückzugsplan, wie die Stunden später erfolgte entscheidende Zustimmung Benjamin Netanjahus beweist. Die Tatsache, dass die Hamas seit Jassins Tötung keinen großen Anschlag verüben konnte und dass Rantisi - trotz unzähliger israelischer Drohungen und Ankündigungen, trotz eigener Vorsichtsmaßnahmen, trotz ständiger Flucht, trotz Leben im Untergrund - den Tod fand, gibt Scharon Recht. Ob man diese Taktik befürwortet oder nicht: Die gezielten Liquidierungsaktionen lähmen die Hamas, vermindern die Terrorgefahr, schwächen auch die palästinensische Opposition gegen jede Verhandlungslösung. Ob all dies die Liquidierung Rantisis rechtfertigt, ist letztlich keine militärische oder politische, sondern allein eine moralische Frage. Doch Moral und Politik gehören im Nahen Osten genauso wenig zusammen, wie Humanität und der Kinderarzt Dr. Rantisi.
ots-Originaltext: Lausitzer Rundschau
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